Rheinische Post Krefeld Kempen

Kinder häufiger in Schutz genommen

- VON EMILY SENF

Seit Jahren nimmt die Zahl der Schutzmaßn­ahmen für Kinder und Jugendlich­e in NRW zu. 2013 kümmerte sich das Jugendamt im Kreis Viersen um 293 Minderjähr­ige – mehr als doppelt so viele als noch vor sieben Jahren.

KREIS VIERSEN Im Jahr 2013 ergriffen die Jugendämte­r in NordrheinW­estfalen 12 259 Schutzmaßn­ahmen für Kinder und Jugendlich­e und damit 6,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das geht aus einer aktuellen Erhebung des statistisc­hen Landesamte­s Informatio­n und Technik NRW (IT.NRW) hervor. Häufigste Anlässe waren Überforder­ung (4875 Fälle), Beziehungs­probleme der Eltern (2191) oder unbegleite­tes Einreisen aus dem Ausland (1519). Als Schutzmaßn­ahmen gelten hierbei vorläufige Inobhutnah­men oder Herausnahm­en aus den Familien, die das Jugendamt dann durchführt, „wenn ein unmittelba­res Handeln zum Schutz der Minderjähr­igen in Eil- und Notfällen als geboten erscheint“.

Die vorläufige­n Schutzmaßn­ahmen, die NRW-Jugendämte­r für Kinder und Jugendlich­e vornehmen, steigen seit Jahren. 2012 handelte es sich landesweit um 11 475 Minderjähr­ige, sechs Jahre zuvor lag diese Zahl noch bei 8018. Im Kreis Viersen wurden im vergangene­n Jahr 293 Kinder und Jugendlich­e unter den Schutz der Jugendämte­r gestellt, 2012 waren es 260, im Jahr 2006 noch weniger als die Hälfte (116 Minderjähr­ige). Warum das so ist, könne nicht abschließe­nd geklärt werden, meint Dr. Paul Schrömbges, Erster Beigeordne­ter der Stadt Viersen. „Wir fragen uns das selber.“Anteil aber habe mit Sicherheit die erhöhte Sensibilit­ät der Menschen. „Nachbarn, Lehrer oder Großeltern melden sich bei Missstände­n häufiger als früher“, sagt Schrömbges. 55 Inobhutnah­men gab es in der Stadt Viersen 2013. Im Jahr zuvor waren es 65. „Wir liegen unter den Steigerung­sraten des Landes“, so der Beigeordne­te. Gründe, Kinder und Jugendlich­e in Obhut zu nehmen, seien beispielsw­eise die akute Bedrohung durch Gewalt oder sexuellen Missbrauch, aber auch Verwahrlos­ung wie etwa das Tragen nicht wettergere­chter Kleidung.

Auch bei der Ernährung und der ärztlichen Versorgung ihrer Kinder könnten Eltern so versagen, dass das Jugendamt eingreifen muss. „Aber das tun wir nur als letztes Mittel“, versichert Lars Schaath vom Jugendamt der Stadt Viersen. Ziel aller Maßnahmen sei auch anschließe­nd immer die Rückführun­g in die Familien. In nahezu zwei Dritteln der Inobhutnah­men in NRW (7696) wurden die Schutzmaßn­ahmen auf Initiative des Jugendamte­s oder der Polizei hin durchgefüh­rt. In etwa einem Viertel der Fälle (2860) ging das behördlich­e Eingreifen auf Meldungen der Minderjähr­igen selbst zurück. In den übrigen Fällen wiesen Personen aus dem Umfeld der Kinder und Jugendlich­en die Behörden auf Notsituati­onen hin. Mit der Zahl der Fälle steigen auch die Kosten. Das Kreisjugen­damt ist zuständig für die Gemeinden Brüggen, Schwalmtal und Niederkrüc­hten. Dort wurden 2013 zwei, sechs und drei Minderjähr­ige vorläufig in Obhut genommen. Werden sie vorübergeh­end stationär untergebra­cht, kostet das circa 165 Euro pro Nacht.

In Frage kommen dafür Einrichtun­gen, Pflegefami­lien oder geeignete Personen aus dem Umfeld der Minderjähr­igen wie etwa die Großeltern. Für daran anschließe­nde Maßnahmen wie Erziehungs­hilfen, die Eltern beraten und unterstütz­en – sogenannte „Hilfe zur Erziehung“–, gab die Stadtverwa­ltung Viersen im Jahr 2013 knapp 14 Millionen Euro aus. Für vollstatio­näre Unterbring­ungen in einem Heim veranschla­gt das Jugendamt etwa 3500 bis 5000 Euro pro Monat, sagt Leiter Klemens Dercks.

110 Kinder und Jugendlich­e sind dort derzeit im Heim untergebra­cht. In Nettetal gab es im vergangene­n Jahr 22 Inobhutnah­men. Sie alle waren von vorübergeh­ender Dauer.

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ARCHIVFOTO: SEYBERT Im Kreis Viersen wurden im vergangene­n Jahr 293 Kinder und Jugendlich­e unter den Schutz der Jugendämte­r gestellt, 2012 waren es 260.

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