Rheinische Post Krefeld Kempen

Kunstsamml­ung NRW ab Herbst verwaist

- VON ANNETTE BOSETTI

Marion Ackermann verlässt die Landesgale­rie in Düsseldorf und wird Generaldir­ektorin in Dresden. Das ist für sie ein Karrieresp­rung.

DÜSSELDORF/DRESDEN Was für die umtriebige Fachfrau der Kunst einen Karrieresp­rung bedeutet, ist für Düsseldorf und die Museumslan­dschaft Nordrhein-Westfalen ein herber Verlust. Ende des Jahres steht die Kunstsamml­ung ohne Spitze da. Marion Ackermann verlässt nach sieben Jahren Düsseldorf, um im Herbst Generaldir­ektorin der Staatliche­n Museen in Dresden zu werden. Die 51-jährige Kunsthisto­rikern tritt dort die Nachfolge von Hartwig Fischer an, der ans British Museum wechselt.

Womöglich wird die renommiert­e Landesgale­rie mit ihrer exquisiten

Schon einmal war Marion Ackermann im Gespräch für einen

Wechsel

Sammlung der Klassische­n Moderne kurz vorm Jahreswech­sel sogar gänzlich verwaist da stehen, da der Vertrag des kaufmännis­chen Direktors Hagen Lippe-Weißenfeld bisher vom Land, das die Kunstsamml­ung trägt, noch nicht verlängert wurde. Nordrhein-Westfalens Regierungs­sprecher Thomas Breustedt wollte die Personalie­n am Abend weder bestätigen noch dementiere­n. Er kündigte für heute eine Erklärung an.

Schon einmal war Ackermann im Gespräch für einen Wechsel an ein anderes Haus gewesen, damals sollte es nach Paris ans Centre Pompidou gehen. Dort wurde sie indes nicht ernannt. Wahrschein­lich infolge dieser Unsicherhe­it hat ihr die damalige Kulturmini­sterin Ute Schäfer (SPD) vor zwei Jahren eine Vertragsve­rlängerung bis ins Jahr 2023 gegeben. Über die Gründe wurde viel spekuliert: Wollte man ihr samtene Handschell­en anlegen, um sie bis zu ihrem 59. Lebensjahr am Rhein zu halten? Oder war es eine reine Sympathieb­ekundung und ein Beweis der Anerkennun­g für Ackermanns Arbeit, der man mit dieser Vertragsve­rlängerung auch Planungssi­cherheit geben wollte?

Dies alles hat die Direktorin offenbar nicht in den zwei prächtigen Häusern am Rhein mit Dependance im Schmela-Haus halten können. Zu verlockend ist das Angebot aus Dresden, das ihr nach Fischers Weggang unterbreit­et wurde. Einen Verbund aus 15 teils weltberühm­ten Museen und Institutio­nen wird sie übernehmen, darunter die Gemäldegal­erie Alter Meister im Zwinger und das Grüne Gewölbe. Für ihre Vorgänger in Dresden, Martin Roth und Hartwig Fischer, bedeuteten die Staatliche­n Museen ein Sprungbret­t auf die internatio­nale Bühne. Roth wechselte zum Victoria & Albert Museum in London, und Fischer folgt ihm jetzt in die britische Metropole.

Die Findungsko­mmission, der unter anderem Neil MacGregor, Gründungsi­ntendant des Humboldtfo­rums Berlin, und Isabel Pfeiffer-Poensgen, Generalsek­retärin der Kulturstif­tung der Länder, angehörten, wählte Ackermann einstimmig. In Dresden wird Marion Ackermann auf soeben erneuertes Personal treffen – mit Hilke Wagner für die Neuen Meister, Tulga Beyerle fürs Kunstgewer­be, Nanette Jacomijn Snoep für die Ethnografi­schen Sammlungen, Stephanie Buck am Kupferstic­hkabinett und Stephan Koja an der Gemäldegal­erie Alte Meister.

Von 2003 bis 2009 war Ackermann Leiterin des Kunstmuseu­ms Stuttgart, und seit 2009 leitete sie die Kunstsamml­ung NRW. Wenige Wochen nach Amtsantrit­t verkündete sie ihre Schwangers­chaft, was sie nicht daran hinderte, alsbald weiterzuar­beiten als Mutter von zwei Kleinkinde­rn und einem großen Sohn. An ihrer Arbeit gab es bisher nicht viel auszusetze­n, die ein oder andere Meckerei galt dem Programm. Einem Programm, das andere wiederum mit seiner Mischung aus Genius Loci und Blick in die Welt zeitgemäß und richtig fanden. Die Local Heroes, die internatio­nal anerkannt sind, hat sie endlich am Grabbeplat­z gezeigt, Beuys, Uecker, Tilmans und bald wird es Andreas Gursky sein. Gleichzeit­ig hat sie den Blick in die Welt geöffnet, neue Perspektiv­en gewagt und immer darauf geachtet, dass weibliche Kunst ihren Widerhall findet. Die Räume im K 21 hat sie mit interessan­ten Künstlern belegt und das spektakulä­re Saraceno-Kunstwerk „In Orbit“an der Kuppel möglich gemacht, das sich bis heute als Publikumsm­agnet hält.

Interessan­t und erwähnensw­ert erscheint auch, dass sie sich um Publikum jeden Alters, aber besonders um den Nachwuchs bemüht. Rund ein Drittel der Besucher in der Kunstsamml­ung kommen wegen des anregenden Bildungspr­ogrammes. Darauf hat Ackermann von Anfang an großen Wert gelegt; für Jugendlich­e hat sie eigene Previews eingeführt, in Ateliers Rundumange­bote der kulturelle­n Bildung möglich gemacht, zum Teil mit namhaften Künstlern wie der kürzlich verstorben­en Hilla Becher.

Marion Ackermann hinterläss­t ein gut bestelltes Haus, wenn sie voraussich­tlich zum 1. November ihr neues Amt antritt. Ihre Energie wird man in NRW und in Düsseldorf vermissen, und bei der Suche nach einem Nachfolger wird man neben seinen kunsthisto­rischen Qualitäten darauf achten müssen, dass er genau so ein gutes Händchen darin beweist, Gelder einzuwerbe­n wie seine Vorgängeri­n.

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FOTO: DPA Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsamml­ung NRW, verlässt Düsseldorf Richtung Dresden.

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