Rheinische Post Krefeld Kempen

Archiv: Standortfr­age zieht sich hin

- VON DANIELA BUSCHKAMP UND ANDREAS REINERS

In Viersen braucht die Politik mehr Zeit, um zu entscheide­n, ob das eigene Stadtarchi­v mit dem Kreisarchi­v fusioniert werden soll. In Viersen würde man gerne auch das Kreisarchi­v haben. Für Kempen kommt das nicht infrage.

KEMPEN/VIERSEN Der Viersener Kulturauss­chuss wollte sich in seiner Sitzung am Montagaben­d noch nicht festlegen. In der Kreisstadt gehen die Meinungen nach wie vor auseinande­r, was die Zukunft des eigenen Stadtarchi­vs und eine mögliche Fusion mit dem Kreisarchi­v betreffen. Es ist ein Thema, das polarisier­t. Auf der einen Seite stehen die Befürworte­r des Standorts Viersen, wie etwa der Viersener Heimatvere­in, Lehrer oder die SPD, die das Angebot und die Lage in der Stadt schätzen. Auf der anderen Seite stehen Pragmatike­r wie etwa die Viersener Liberalen, die die Chance zum Sparen sehen.

Warum die Standortfr­age? Anlass ist der Plan von Landrat Dr. Andreas Coenen ( CDU), ein neues Kreisarchi­v errichten zu lassen. Dazu muss Coenen wissen, wie viele Besatzungs­mitglieder sein „Archiv“-Boot künftig haben wird. Zur Erinnerung: Bisher unterhält der Kreis in der Kempener Burg neben seinem eigenen Archiv noch Archive von sieben der neun Kommunen im Kreis, also von allen außer von Viersen und Willich. Das Burg-Gebäude müsste modernen Brandschut­z erhalten – zu teuer. Stattdesse­n will Coenen ein neues Gebäude.

Warum die Eile? Der Landrat will Fördermitt­el für den Neubau nutzen: 5,1 Millionen Euro sind möglich. Die kann er nur nutzen, wenn das neue Archiv bis 2020 steht und bezahlt ist. Deshalb drückt er auf das Tempo.

Was will Viersen? Bisher hat sich Viersens Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) mit einer Stellungna­hme zurückgeha­lten – obwohl Landrat Coenen diese bereits bis 18. März erbeten hatte. Die Kreisstadt verwies darauf, mehr Zeit für eine Prüfung zu haben. Für den Ersten Beigeordne­ten der Stadt Viersen, Dr. Paul Schrömbges, als Historiker und Autor selbst Nutzer des Viersener und des Kreisarchi­vs, sind in der Diskussion zwei Aspekte wichtig: die starke Frequenz und das für den Zweck angepasste Gebäude. „Das Stadtarchi­v ist ein der ehemaligen Turnhalle untergebra­cht, die dafür umgebaut wurde“, sagt er. Soeben sei der Mietvertra­g um zehn Jahre verlängert worden. Zudem verfüge das Gebäude über eine Magazinres­erve. Schrömbges bezeichnet das Stadtarchi­v als „Bürgerarch­iv“: „Es hat sehr hohe Besucherza­hlen; zudem kommen viele Anfragen per E-Mail und Post an den Stadtarchi­var.“Enge Kooperatio­nen bestehen mit Schulen und etwa dem Verein für Heimatpfle­ge. In den vergangene­n 20 Jahren seien rund 102 Publikatio­nen erstellt worden, weitere sind geplant. Laut Schrömbges gehe die Stadt zwar „ergebnisof­fen in das Gespräch mit Landrat Coenen“. Doch es müsse geklärt werden, wie das jetzige erweiterte Angebot erhalten werden kann, was mit dem Personal geschehe. „Wir wollen uns beim Archiv in Zukunft nicht schlechter stellen“, sagt der Erste Beigeordne­te.

Was kostet eine Fusion? Laut Paul Schrömbges seien die Ausgaben nach einer Fusion zurzeit nicht abzuschätz­en, weil die Zahl der Partner unklar sei. Er geht von einem Anteil in Höhe von 25,33 Prozent für Viersen aus; Verteilung­sschlüssel ist die Zahl der Einwohner.

Wo steht das neue Kreisarchi­v? Um den Standort ringen die Kommunen, noch ist diese Frage offen. Die Stadt Kempen – in der dortigen Burg befindet sich das jetzige Kreisarchi­v – will es behalten. Die Stadt Willich hat ihre Beteiligun­g am neuen Kreisarchi­v bisher an die Bedingung geknüpft, dass das Gebäude in Willich errichtet wird. Die Kreisliber­alen haben bekanntlic­h das Freilichtm­useum in Grefrath ins Gespräch gebracht. Der Viersener Beigeordne­te Schrömbges hatte bereits vor Wochen im Gespräch mit der Rheinische­n Post als mögliche Adresse eine städtische Fläche an der Goetersstr­aße, östlich des Stadthause­s und unterhalb des Kreishause­s, ins Spiel gebracht.

Was will man in Kempen? Offiziell will die Stadt, dass das Kreisarchi­v in Kempen bleibt – wenn schon nicht in der Burg, dann in einem Neubau in zentraler Lage. Nach RPInformat­ionen ist eine Fläche am ehemaligen Arnoldgelä­nde im Gespräch. Das böte sich an, weil im Arnoldgebä­ude (heutiges Finanzamt) Teile des Kreisarchi­vs bereits ausgelager­t sind. Für die Stadt Kempen ist die Angelegenh­eit auch deshalb wichtig, weil sie in den 1980er-Jahren ihr eigenes Stadtarchi­v treuhänder­isch in die Obhut des Kreisarchi­vs übergeben hat. Eine Rücknahme des Stadtarchi­vs ist theoretisc­h zwar möglich, wäre aber mit hohen Kosten (neuer Standort mit neuem städtische­n Personal) verbunden.

Viel wichtiger ist der Stadt aber, dass die Burg nach dem Auszug des Kreisarchi­vs eine sinnvolle Folgenutzu­ng erhält. Dazu läuft – wie mehrfach berichtet – derzeit die so genannte Markterkun­dung. Im Sommer weiß man dazu mehr.

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