Rheinische Post Krefeld Kempen
Kirche setzt auf Ehrenamtler
Etwa 250 Menschen kamen gestern Vormittag zur Pfarrversammlung der Gemeinde St. Cornelius. Das Pastoralteam stellte das neue Strukturmodell für die Gemeinschaft der Gemeinden vor. Von den Versammelten gab es Kritik.
ST. TÖNIS Etwa eine Stunde lang hatten hauptamtliche und ehrenamtliche Mitglieder der katholischen Pfarrgemeinde St. Cornelius das neue Strukturmodell vorgestellt, das es ermöglichen soll, mit nur noch zwei Priestern für vier Pfarren das kirchliche Leben aufrecht zu erhalten. Dann gab es für die 250 Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen. Stattdessen aber kam Kritik. „Das ist kein großer Wurf“, urteilte Gisela Küster. Die St. Töniserin zweifelte an, dass die katholische Kirche die vielen neuen Engagierten gewinnen könne, die nötig seien, um die Gemeinden mit Leben zu füllen. „Wenn ich mich hier umschaue, sehe ich alte Leute und solche, die sowieso schon kirchlich eingebunden sind“, sagte Küster
Gisela Küster und fragte sich: „Wo soll denn da der frische Wind herkommen? Wo sind die jungen Menschen?“
Probst Thomas Eicker und Pfarrer Ludwig Kamm konnten das nicht auf sich sitzen lassen. „Wir erreichen viele junge Familien, etwa über die sehr gute Arbeit in den katholischen Kindertagesstätten“, sagte der Kempener Pfarrer. „Auch in der Kolpingfamilie, bei der Matthias-Bruderschaft, bei den Pfadfindern und vielen anderen kirchlich orientierten Gruppen sind junge Menschen aktiv“, fügte Pfarrer Kamm aus Vorst hinzu. Wie es denn sein könne, dass die evangelische Gemeinde in St. Tönis zwei Pfarrstellen besetze, einen Diakon habe und etliche weitere Mitarbeiter, und die viel größere katholische Gemeinde mit so wenig Personal auskommen müsse, fragte Maria Richter. Probst Eicker sagte, es sei eine Frage der Finanzen. „Wir können nur so viel Geld investieren, wie wir haben.“Außerdem seien nicht mehr so viele Menschen bereit, ein Hauptamt in der katholischen Kirche zu übernehmen.
Mit dem neuen Strukturmodell, so hoffen die Verantwortlichen, sollen aber mehr Ehrenamtler für die Arbeit in der Kirche gewonnen werden. Dieses Modell, das noch nicht fertig sei und nicht übergestülpt werden solle, sondern gemeinsam mit den Menschen erarbeitet werden soll, wie die Redner betonten, sehe vor, dass nicht mehr der Pfarrer die alleinige Leitung habe, sondern ein Gemeindevorstand, der sich zusammensetzt aus Ehrenämtlern, dem Pfarreirat, Gemeindereferenten und Pfarrsekretärinnen.
Organisatorische und inhaltliche Fragen rund um das Gemeindeleben soll dieser Vorstand beantworten. Die Finanzen und Liegenschaften bleiben in der Hand des Kirchenvorstands. „Der Gemeindevorstand, für den wir Menschen suchen, die Lust auf ein Ehrenamt haben, soll geistige Impulse geben, die Identität der Gemeinde stärken, das pfarrliche Leben bedenken und planen sowie den Kontakt zu den Einrichtungen, Institutionen und der Kommune pflegen“, zählt Gemeindereferentin Stefanie Müller auf.
Menschen mit Ideen und Erfahrung, verschiedenen Fähigkeiten und Talenten seien jetzt gefragt. „Wir laden Sie ein, Kirche mitzugestalten“, sagte Müller. Wie ernst es den Verantwortlichen damit ist, zeigte eine „Feedback-Karte“, die an alle Versammelten ausgeteilt wurde. Fragen und Anregungen konnten darauf ebenso vermerkt werden, wie eine Wunschgruppe oder ein Themenfeld für die Mitarbeit.
Wie die hauptamtlichen Mitarbeiter, in Tönisvorst sind das die beiden Gemeindereferentinnen Stefanie Müller und Regina Gorgs, der Pfarrvikar Klemens Gößmann und ab Juni Pfarrer Marc Kubella aus Krefeld-Süd, die Gottesdienste, Taufen, Kommunionsfeiern, Hochzeiten, Beerdigungen und die Krankenhausseelsorge unter sich aufteilen, sei noch offen, sagte Klemens Gößmann. Die Verantwortlichen aber bleiben optimistisch: „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“war die Pfarrversammlung überschrieben.
„Wo soll denn der frische Wind herkommen? Wo sind die jungen Menschen?“