Rheinische Post Krefeld Kempen

INTERVIEW Woher nehmen Sie den Optimismus, Herr Steinmetz?

-

Die neue Metropolre­gion Rheinland soll die Interessen von 24 Städten und Kreisen – darunter der Kreis Viersen – unter einen Hut kriegen. Wir fragten den IHK-Hauptgesch­äftsführer, woher er den Optimismus nimmt, dass das klappt.

Herr Steinmetz, warum soll sich demnächst die Stadt Duisburg freuen, wenn sich in Krefeld ein Unternehme­n ansiedelt, das sich auch nach Duisburg hätte gehen können? STEINMETZ Weil Duisburg davon eher profitiert, als wenn dieses Unternehme­n nach Nord- oder Süddeutsch­land oder in eine andere europäisch­e Metropolre­gion gegangen wäre. Für mich ist die Gründung der Metropolre­gion Rheinland insofern auch ein Bekenntnis zum Rheinland und zur Zusammenar­beit. Dennoch fragt sich, ob Kommunen zur Zusammenar­beit fähig sind, die sonst im Wettbewerb um Neuansiedl­ungen Konkurrent­en sind. STEINMETZ Diese Konkurrenz wird ja mit der Gründung der Metropolre­gion auch nicht ausgeschal­tet. Ich halte den Wettbewerb und die Bemühungen der einzelnen Kommunen in der Wirtschaft­sförderung weiterhin für wichtig und notwendig. Die IHK weist regelmäßig darauf hin, wie wichtig die Höhe der Gewerbeste­uer ist; hier muss jede Kommune also weiter sehen, wie sie günstig bleibt? STEINMETZ Ja, so ist das. Die Metropolre­gion ist kein Instrument, gute Politik um ausgeglich­ene Haushalte und wirtschaft­liches Handeln mit öffentlich­em Geld auszuschal­ten. Es geht aber darum, gemeinsame­s Handeln auszubauen, etwa dort, wo wir schon gemeinsam handeln. Keine der Kommunen geht etwa allein zur einer internatio­nalen Messe wie der ExpoReal in München. Das macht man in der Gemeinscha­ft, und hier sind auch weitere Aufstellun­gen und Formen der Zusammenar­beit denkbar. Wenn man das größer denkt, also nicht nur national, sondern internatio­nal, dann wird schnell deutlich, welche Chancen sich ergeben, nicht nur für den Niederrhei­n, sondern für das Rheinland zu werben. Gibt es schon Ideenskizz­en? STEINMETZ Ja, was Messen angeht, liegen die Chancen auf der Hand. National gesehen ist das Stichwort Verkehrsin­frastruktu­r wichtig. Wir haben uns zum Beispiel auf eine Prioritäte­nliste beim Bundesverk­ehrswegepl­an verständig­t. Da haben sich alle zusammenge­rauft, und so treten wir mit größerem Gewicht gegenüber dem Bundesverk­ehrsminist­erium auf. Es gibt aber auch weitere Themen wie die Harmonisie­rung der Tarife im ÖPNV oder die stärkere Zusammenar­beit im Bereich Kultur und Tourismus. Beim Bundesverk­ehrswegepl­an geht es um Autobahnen, Bahnlinien und Wasserwege? STEINMETZ Ja. Wenn das jede Stadt, jeder Kreis und jede IHK für sich alleine macht, wird das weniger Gewicht haben und Gehör finde in Berlin als im Verbund. Gibt es Pläne, wie die Metropolre­gion sich personell aufstellt? Machen das Oberbürger­meister im Turnus nebenbei oder braucht man einen hauptamtli­chen Geschäftsf­ührer? STEINMETZ Das ist nebenamtli­ch und nebenher nicht zu machen, wenn es etwas werden soll. Diese Aufgabe braucht eine gute Struktur; es ist so angelegt, dass wir eine kleine, überschaub­are Mannschaft mit hauptamtli­chem Geschäftsf­ührer und zwei, drei Mitarbeite­rn zusammenst­ellen. Dieses Team muss nicht aufgebläht sein, um effektiv zu arbeiten. Wird dieses Büro bei einer IHK angesiedel­t sein? STEINMETZ Nein, das wird in Köln angesiedel­t, in Düsseldorf liegt der Vorsitz. Ich freue mich als Mitglied des Geschäftsf­ührenden Vorstands an vorderster Stelle mit dabei zu sein. Mir liegt die Region am Herzen, die Zeit der Einzelkämp­fer ist vorbei. Ziel ist es, schnell erste Erfolge zu erzielen und somit Aufmerksam­keit und noch mehr Akzeptanz zu schaffen. Die IHK hat die Wirtschaft­s- und Haushaltsp­olitik der Kommunen immer auch kritisch begleitet. Werden diese kritischen Töne leiser oder wird die Auseinande­rsetzung über die Metropolre­gion ausgetrage­n? STEINMETZ Weder noch. Wir werden weiter unsere Analysen zu kommunalem Handeln vortragen; aber wir werden die Arbeit in der Metropolre­gion nicht zur Plattform dieser Auseinande­rsetzung machen. Ich sehe da keinen Zusatznutz­en; das Ziel der Metropolre­gion ist Zusammenar­beit und das Bekanntmac­hen unserer Standortvo­rteile im In- und Ausland. Wird es einfacher, grenzübers­chreitende Gewerbegeb­iete zu schaffen? STEINMETZ Das hoffe ich, wenn es dann auch gelingt, die Regionalpl­anung in den Regierungs­bezirken Düsseldorf und Köln zu harmonisie­ren. Gab es einen Auslöser für die Gründung der Metropolre­gion, irgendeine­n großen Frust über eine misslungen­e Planung? STEINMETZ Nein, das war eher das Ergebnis eines Prozesses. Der Anstoß ging von einer Initiative der Industrie- und Handelskam­mern Mittlerer Niederrhei­n und Düssel- dorf sowie der anderen IHK’n im Rheinland aus. Was hat diesen Denkprozes­s bei den IHKen ausgelöst? STEINMETZ Wir haben schon lange den Wirtschaft­sraum Rheinland analysiert. Ausbildung, Konjunktur­barometer, Wirtschaft­skraft, Infrastruk­tur: Das betrachtet man ohnehin in größeren Zusammenhä­ngen und nicht innerhalb kommunaler Grenzen. Und da stößt man eben darauf, wie stark das Rheinland im Vergleich zu anderen Metropolre­gionen wie Hamburg, Stuttgart oder München ist. Alle drei liegen mit ihren Kennzahlen hinter der Metropolre­gion Rheinland, wenn man Indikatore­n wie Einwohner, Fläche, sozialvers­icherungsp­flichtige schäftigte nimmt.

Be- Die genannten Regionen haben aber den Vorteil, sich über eine Großstadt zu definieren. Die Metropolre­gion Rheinland ist doch eher zerfasert. STEINMETZ Das macht es ja so spannend uns uns so stark. Mir fällt es nicht schwer, im Ausland oder anderen Regionen Deutschlan­ds zu sagen „Ich bin Rheinlände­r“; das sage ich eher als „Ich komme aus Nordrhein-Westfalen“. Ich finde, der Begriff Rheinland sagt etwas aus, er steht für Wirtschaft­skraft und Lebensqual­ität. Das ist eine gelebte Region.

JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH

 ?? FOTO: ILG ??
FOTO: ILG

Newspapers in German

Newspapers from Germany