Rheinische Post Krefeld Kempen

Jazzfestiv­al will mehr Klassik wagen

- VON NADINE FISCHER UND MARTIN RÖSE RP-ARCHIV: BUSCH

Bürgermeis­terin und Kulturdeze­rnent wollen das Viersener Jazzfestiv­al neu ausrichten. Sie setzen auf einen Crossover aus Jazz und Klassik mit großer Orchestrie­rung. Die Meinung in der Jazz-Szene ist geteilt.

VIERSEN Zum 31. Mal gibt es in diesem Jahr das Viersener Jazzfestiv­al – es ist das wohl wichtigste kulturelle Markenzeic­hen der Kreisstadt, zieht Publikum aus dem In- und Ausland nach Viersen und sorgt für TV-Präsenz . 2326 Besucher zählte die Stadt im vergangene­n Jahr – nicht zuletzt, weil mit Rapper Samy Deluxe und der Band Bosse Künstler auf der Bühne standen, die auch ein wenig Jazz-affines Publikum anzogen.

Genau diesen Weg wollen Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) und Kulturdeze­rnent Paul Schrömbges in diesem Jahr weitergehe­n. „Die Grundidee, zeitgenöss­ische improvisie­rte Musik, Jazz und Pop in einem Festival zu vereinen, soll in Zukunft durch große Klangkörpe­r der Klassik ergänzt werden – Crossover zwischen Jazz und Klassik“, erklärt Anemüller. Das gebe dem Festival eine weitere Dimension, die sich, so hofft die Bürgermeis­terin, auch auf die Besucherza­hlen auswirken wird. „Wir wollen schon schauen, dass wir ein breiteres Publikum erreichen“, sagt Anemüller. Denn richtig sei auch: „Das Jazzfestiv­al ist in einer durchaus angespannt­en finanziell­en Situation, der wir Rechnung tragen müssen.“Frühere Großsponso­ren seien weggebroch­en, der Medienpart­ner WDR ziehe sich zunehmend aus der finanziell­en und technische­n Unterstütz­ung zurück. Das Budget des Festivals soll, so schlägt es die Ver- waltung den Kulturpoli­tikern vor, von 2018 an um 60.000 Euro aus Steuergeld­ern aufgestock­t werden. Schon in der Vergangenh­eit reichte die Finanzieru­ng nicht aus, schoss die Stadtverwa­ltung aus dem allgemeine­n Kultur-Etat Gelder zu.

In der Jazz-Szene ist die geplante Neuausrich­tung umstritten. Jazz- drummer Peter Baumgärtne­r (59) ist Organisato­r der Hildener Jazztage mit bis zu 6000 Besuchern. Zum Thema Crossover Klassik/Jazz sagt er, da sei er puristisch: „Ich bin kein Fan davon. Ich finde, jegliche Verwässeru­ng weicht so ein Festival auf. Das Alleinstel­lungsmerkm­al Jazz geht verloren.“Dadurch werde so ein Festival immer mehr zum Sammelsuri­um der Musikstile, „es ist dann kein Jazzfestiv­al mehr“. Baumgärtne­r glaubt auch nicht, dass das Crossover Publikum anzieht. Das typische Klassik-Publikum besuche keine Jazzkonzer­te – und umgekehrt, es gebe also wenige Überschnei­dungen. Und: „Ein Festival darf man nicht mit Dollarzeic­hen in den Augen planen“, warnt der Jazzdrumme­r. „Jazz ist eben immer noch eine Minderheit­enmusik.“Ganz anders sieht Jazzmusike­r und Jazzfestiv­al-Organisato­r Thomas Kremer das Crossover – „weil man damit neues Publikum werben kann, weil es ein Marketingi­nstrument ist, aber auch, weil es Spaß macht“.

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Das feierliche Eröffnungs­konzert des 30. Jazzfestiv­als im vergangene­n Jahr diente als Testballon. Der schwedisch­e Starposaun­ist Nils Landgren trat gemeinsam mit den Bochumer Symphonike­rn in Viersen auf.

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