Rheinische Post Krefeld Kempen

Sieben Minuten für die Ewigkeit

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Barcelona besiegt Paris mit 6:1. Der Spielfilm einer denkwürdig­en Partie.

BARCELONA/DÜSSELDORF (RP/sid) Der Glaube ans Wunder ist geschwunde­n. Es beginnt gerade die 88. Minute im Spiel FC Barcelona gegen Paris St. Germain. Die Spanier führen 3:1 und brauchen drei Tore, um nach dem 0:4 im Hinspiel doch noch ins Viertelfin­ale der Champions League einzuziehe­n. Ein paar Augenblick­e später beginnt sie, die magische Nacht von Barcelona.

87 Minuten und 23 Sekunden sind gespielt, als Neymar zum Freistoß antritt. Zwei Schritte Anlauf, und Brasiliens Superstar zirkelt einen direkten Freistoß von halblinks in den Winkel. Kevin Trapp im PSGTor schaut nur hinterher, er sieht überhaupt nicht gut aus. Der TVKommenta­tor schreit: „Samba! Sambaaaaa!“Noch fehlen zwei Tore. Ab dieser Sekunde bringt PSG noch genau vier Pässe an den Mann, drei davon nach Anstößen.

Die Spielzeit beträgt exakt 89 Minuten, als Lionel Messi den Ball von der Mittellini­e weit in den gegnerisch­en Strafraum chippt. PSG-Verteidige­r Marquinhos legt für eine Zehntelsek­unde seinen linken Arm auf die Schulter von Luis Suarez, der dankbar fällt. Suarez war wegen einer Schwalbe bereits verwarnt. Der deutsche Schiedsric­hter Deniz Aytekin entscheide­t falsch: Elfmeter und Gelbe Karte für Marquinhos. Nach 90 Minuten und acht Sekunden verwandelt Neymar mit rechts, schnappt sich den Ball, sprintet zur Mittellini­e und peitscht die Fans auf. Das Camp Nou brodelt. Ange- zeigte Nachspielz­eit auf der Tafel: fünf Minuten.

Fortan segeln Flanken in den PSG-Strafraum, die Gäste kollabiere­n. Sie sind total konfus, produziere­n Querschläg­er und dreschen den Ball nur noch auf die Tribüne. Barcelonas deutscher Torhüter MarcAndré ter Stegen springt durch den gegnerisch­en Strafraum. Auch die Einwechslu­ng von Grzegorz Krychowiak für Thomas Meunier bringt Paris wenig Zeit. Trainer Umai Emery gestikulie­rt verzweifel­t, sein Kopf ist rot. Nach 94 Minuten und acht Sekunden wird ter Stegen in der gegnerisch­en Hälfte kurz hinter der Mittellini­e hart gefoult. Er humpelt kurz und rennt wieder nach vorn. Neymar schlägt den folgenden Freistoß Richtung Strafraum. Ter Stegen verliert ein Kopfballdu­ell, der Ball fällt erneut Neymar vor die Füße.

Und dann passiert es. 94 Minuten und 39 Sekunden sind gespielt. Neymar hat noch schnell einen Haken geschlagen, mit links und Unterschni­tt lässt er den Ball diesmal in den Strafraum segeln. Sergi Roberto rennt am Elfmeterpu­nkt los und springt in die Flanke. Mit rechts bringt er den Ball zum 6:1 an Trapp vorbei. Ein Radiorepor­ter bricht seinen Kommentar weinend ab.

Nach 96 Minuten und 36 Sekunden pfeift Aytekin ab. Mehr als 90.000 Zuschauer brüllen ungläubig ihre Freude heraus. Barca-Trainer Luis Enrique rennt wie wild los, auf dem Hosenboden rutscht er über den Rasen. Das Wunder ist vollbracht.

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FOTO: AP Freude pur: Sergi Roberto (vorne) bejubelt seinen Treffer zum 6:1. André Gomes (li.) und Gerard Piqué rennen hinterher.

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