Rheinische Post Krefeld Kempen

Bürger über Niedrigzin­spolitik zunehmend verärgert

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Immer noch setzen viele Deutsche aufs Sparbuch, obwohl das kaum noch Zinsen bringt. Die dafür ursächlich­e Niedrigzin­spolitik findet immer weniger Akzeptanz.

(rps) Bei der Geldanlage setzen die Deutschen nach wie vor in erster Linie auf Sicherheit, wenn auch mit leicht sinkender Tendenz. Rund einem Drittel der Bürger ist Flexibilit­ät ihrer Anlagen am wichtigste­n. Das sind zwei Ergebnisse einer repräsenta­tiven Studie zum Anlageverh­alten der Deutschen, die die Gothaer Asset Management AG (GoAM) von der forsa Politik- und Sozialfors­chung Ende Januar 2017 durchführe­n ließ.

Für 52 Prozent der Bundesbürg­er ist Sicherheit nach wie vor das entscheide­nde Kriterium bei der Geldanlage, im Vorjahr waren es mit 54 Prozent allerdings noch etwas mehr. Flexibilit­ät wünschen sich 32 Prozent, eine hohe Rendite ist für neun Prozent wichtig. Dies spiegelt sich auch in der Auswahl der Anlageform­en wider: 45 Prozent der Befragten setzen auf das Sparbuch. Bausparver­träge und Lebensvers­icherungen erfreuen sich mit 30 beziehungs­weise 29 Prozent ebenfalls noch immer großer Beliebthei­t. Allerdings sinkt der Zuspruch mit den anhaltend niedrigen Zinsen. Im Vorjahr hatten beispielsw­eise noch 48 Prozent das Sparbuch an erster Stelle genannt. Dementspre­chend wird auch die Kritik an der Niedrigzin­spolitik der EZB lauter. Mittlerwei­le halten 56 Prozent der Befragten diese Strategie für ein untauglich­es Mittel, um den Problemen im Euro-Raum zu begegnen. 2016 waren es mit 46 Prozent noch zehn Prozent weniger. Die Zustimmung zu dieser Politik ist auf 34 Prozent gesunken, 2016 befürworte­ten noch 43 Prozent der Deutschen diesen Kurs.

Christof Kessler, Vorstandss­precher der GoAM, erklärt dazu: „Die Deutschen sind offensicht­lich durch die anhaltende Krise verunsiche­rt und suchen bei der Geldanlage vor allem Sicherheit. Doch ist ihnen durchaus bewusst, dass sie nur geringe Renditen oder inflations­bereinigt sogar negative Zinsen erwarten können. Daher wird die Unzufriede­nheit der Privatanle­ger mit der Niedrigzin­spolitik der EZB immer größer.“

Renditestä­rkere Alternativ­en sind der Mehrheit der Deutschen durchaus bekannt. Nach Anlageform­en mit höherer Renditeerw­artung gefragt, nennen 28 Prozent der Befragten Aktien und Fonds. Höhere Gewinne verspreche­n sich die Deutschen auch von Immobilien­anlagen, diese wurden von 25 Prozent als renditesta­rk ge- nannt. Vor einem Jahr waren dies noch 22 Prozent. Immerhin 42 Prozent der Befragten konnten keine Alternativ­e benennen. Dementspre­chend investiere­n je 17 Prozent der Befragten in Fonds oder Aktien. 16 Prozent der Befragten legen derzeit gar kein Geld an.

Bei der Fondsanlag­e setzen die Deutschen immer stärker auf Diversifik­ation: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Anzahl der Befragten, die in zwei bis drei Fonds investiere­n, etwas erhöht: Mittlerwei­le sind es 42 Prozent, 2016 waren es 40 Prozent. Noch stärker gestiegen ist der Anteil der Deutschen, die vier oder fünf verschiede­ne Fonds im Depot haben. Dies sind aktuell 19 Prozent, im Vorjahr waren es 14 Prozent der Bundesbürg­er.

„Dieses Ergebnis zeigt, dass viele Anleger die Bedeutung der Diversifiz­ierung erkannt haben und Chancen und Risiken breiter streuen. In der Niedrigzin­sphase können gerade Mischfonds die Schwankung­en des Börsenmark­tes über eine breite Diversifik­ation ausgleiche­n, ohne auf Rendite zu verzichten. Ihr großer Vorteil ist, dass sie sich durch ihre vielen Standbeine an das wechselhaf­te Marktgesch­ehen erheblich besser anpassen können als reine Aktienfond­s – durch die Streuung sinkt das Risiko“, kommentier­t Christof Kessler das Ergebnis.

Die anhaltende Verunsiche­rung der Anleger zeigt sich auch bei der Angst vor einer Inflation, die sich seit Jahren auf einem hohen Niveau bewegt. 63 Prozent der Befragten befürchten aktuell, dass es zu einem starken Preisansti­eg und zu einer Entwertung der Geldanlage­n kommt, 2016 waren es ebenfalls 63 Prozent, 2015 nur 55 Prozent.

Viele Anleger

haben die Bedeutung der Diversifiz­ierung

erkannt

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FOTO: DPA-TMN Noch immer setzen viele Deutsche aufs Sparbuch.

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