Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Geschichte des Reisens
Das Museum Schloss Rheydt zeigt in einer Sonderausstellung, wie man in früheren Jahrhunderten reiste. Die Schau ist Teil der Themenreihe „unterwegs“der Museen am Niederrhein.
Die Original-Wartesessel des Gladbacher Flughafens sind zwar fast etwas historisch, strahlen aber immer noch die vertraute Situation des modernen Reisens aus. Wer mag, kann hier verweilen, ehe er sich mit den teilweise großen Mühen und unterschiedlichsten Beweggründen früherer Reisender auseinandersetzt. Im Museum Schloss Rheydt ist seit Sonntag die Sonderausstellung „Aufbruch in die Ferne“zu sehen. Sie ist eingebunden in den grenzüberschreitenden Ausstellungszyklus „Aufbruch“und damit Teil der alle zwei Jahre stattfindenden Netzwerkarbeit kulturhistorischer Museen.
Am Beispiel von sechs Gladbachern bekommt das Reisen durch die Jahrhunderte Gesichter. Museumsdirektor Karlheinz Wiegmann betont, dass sich die Schau auf das klassische Reisen mit dem Ziel der Rückkehr konzentriert. Souvenirs und Postkarten belegen Gedanken an die Heimat. Eine Taschenpistole steht beispielhaft für die einst gängige Warnung an Reisende, sich gegen Überfälle zu wappnen. Symbole und Fotos stellen die Gladbacher Reisenden mit ihren Beweggründen vor – als da wären Spionage, Hochzeiten, geheime Missionen oder einfach das Seelenheil.
Eine Reliquie steht stellvertretend für das Pilgern als eine Art des Reisens im Mittelalter. Die Brautschuhe der Paula Wienands verweisen auf die Reise der jungen Eheleute Langen ins romantische Venedig, wo sie eine ebenfalls ausgestellte üppige Schale als Souvenir kauften. Helene Schmitz blieb sieben Jahre in China, um den christlichen Glauben zu verbreiten.
Ergänzend zu persönlichen Facetten der Protagonisten werden Entwicklungen und Veränderungen des Unterwegseins vom Mittelalter bis in die Neuzeit thematisiert. „Die heutige Form der Vergnügungsreise hat sich eigentlich erst mit der Eisenbahn entwickelt“, betont Projektleiterin Ricarda Hüpel und verweist auf einen weiteren Umbruch im Zuge des Schienenverkehrs: Erst 1893 wurde auf Drängen der Eisenbahner in Deutschland eine einheitliche Uhrzeit eingeführt. Zuvor tickten die Uhren von Stadt zu Stadt anders, da die Mittagsstunde vom höchsten Sonnenstand abhing. Damit ergab sich zum Beispiel zwischen Aachen und Königsberg ein Zeitunterschied von einer Stunde.
Das schnellere und komfortablere Reisen beeinflusste Planung und Einstellung: Nun rechneten die Fahrgäste nicht mehr nach Entfernungskilometern, sondern nach Zeit. Eine launische Darstellung von Honoré Daumier zeigt, wie die Fahrt verschlafen und die passierte Landschaft zur Nebensache wird. Auf ei-