Rheinische Post Krefeld Kempen
Verräterische Türkei-Aktivitäten
Der Unterschied zwischen Rechtsstaat und Unrechtsstaat könnte kaum anschaulicher werden als in der Art, wie der deutsche und der türkische Auslandsnachrichtendienst mit einer Liste angeblicher Gülen-Anhänger in Deutschland umgingen. Die türkischen Behörden stellten die Liste zusammen, versahen sie mit Überwachungsfotos und Telefonnummern und erwarteten von den deutschen Kollegen ein Vorgehen gegen die angeblichen Feinde der Türkei. Die deutschen Behörden indes nahmen die Liste, warnten die Personen und empfahlen ihnen aufzupassen.
Noch lässt sich nicht einschätzen, wie intensiv die SPD-Abgeordnete und Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe Michelle Müntefering vom türkischen Nachrichtendienst ins Visier genommen wurde. Ob sie also lediglich als potenzielle Kontaktperson eingestuft oder aber regelrecht ausspioniert worden ist. Doch die Tatsache, dass ihr Name auf einer Liste auftaucht, die die Türkei mit Amtshilfeerwartung den deutschen Sicherheitsbehörden übergab, spricht Bände. Etwa über den Umgang mit der Immunität von Abgeordneten, wie er in der Türkei bereits mit der Inhaftierung von ErdoganGegnern fatale Folgen zeigte. BERICHT SPD-POLITIKERIN IM VISIER . . ., TITELSEITE
SDer Stärkungspakt wirkt
echs Wochen vor der Landtagswahl wird wohl niemand ernsthaft behaupten wollen, die rotgrüne Regierung von Hannelore Kraft (SPD) sei alles in allem erfolgreich gewesen. Dafür gibt es zu viele unerledigte Baustellen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehören ebenso dazu wie das Chaos beim Turbo-Abitur oder die offenkundigen Defizite bei der schulischen Inklusion.
Gegenüber den Kommunen hat sich die Landesregierung allerdings richtig verhalten, indem sie gleich von Anfang an gegen heftige Widerstände den „Stärkungspakt“durchboxte. Jetzt, Jahre später, zeigt sich, dass der Pakt wirkt. Selbst Kritiker von damals erkennen das bereitwillig an.
Die Kehrseite der Medaille besteht allerdings in einem drastischen Sparkurs, der den TeilnehmerStädten auferlegt worden ist. Die Bürger bekommen die Folgen zu spüren, wenn kommunale Leistungen (Schwimmbad, Bücherei) deutlich eingeschränkt oder ganz abgebaut werden. Dennoch führt kein Weg an der Konsolidierung der Haushalte vorbei. Auch für die Städte muss die Schuldenbremse gelten. BERICHT
Wegen der Kinder
Die Briten haben die Scheidungsurkunde in Brüssel also eingereicht. Noch darf man hoffen, dass es eine einvernehmliche Trennung wird, schon wegen der Kinder. Denn Großbritannien und die EU haben weiterhin wichtige gemeinsame Interessen. Aber man kann auch nicht ausschließen, dass das Ganze in einen hässlichen Rosenkrieg ausartet. Scheidungen sind ja selten etwas Rationales, und in diesem Fall ist das nicht viel anders. Aber ein Streit würde allen schaden.
Auf dem Kontinent gibt es einige, die dafür plädieren, an den Briten ein Exempel zu statuieren, schon um mögliche Nachahmer abzuschrecken. Das wäre gar nicht so schwer, denn anders als ihr großspuriges Auftreten suggeriert, ist die Regierung in London in einer schwachen Verhandlungsposition. Aber das wäre blinde Rache, denn trotz aller Kritik an Brüssel ist weit und breit kein EU-Mitglied zu sehen, das sich auf ein ähnliches Abenteuer einlassen würde. Den Briten sollte klar sein, dass sie keinen Anspruch auf Geschenke haben und die negativen Folgen ihrer Entscheidung tragen müssen. Mehr aber auch nicht. BERICHT