Rheinische Post Krefeld Kempen

Vauth-Prozess kommt nicht in die Gänge

- VON HERIBERT BRINKMANN

Am zweiten Prozesstag wollte die Verteidigu­ng eine Besetzungs­rüge gegen die 2. Große Strafkamme­r loswerden. Für die auch nach drei Stunden noch nicht vollständi­ge Begründung brauchten alle Beteiligen viel Geduld.

KREFELD / TÖNISVORST Das Tönisvorst­er Ehepaar Lothar und Jessica Vauth muss sich vor dem Landgerich­t Krefeld verantwort­en. Der Rechtsanwa­lt und seine Frau, die in der Krefelder Sozietät Dr. Stöber, Oehring, Vauth und Partner Bürovorste­herin war, sind wegen Untreue im Umgang mit Mandanteng­eldern in 923 Fällen und Schädigung der Krefelder Sozietät in Höhe von insgesamt 1,9 Millionen Euro angeklagt. Vauth selber war einer der Partner. Auch wenn es in diesem Verfahren „nur“um Untreue und Betrug geht, kam gestern in der Verhandlun­g auch die große Politik ins Spiel. Denn als Empfänger einer nicht verabredet­en Spende von Konten der Kanzlei zitierte Verteidige­r Daniel Wölky aus den Akten der Staatsanwa­ltschaft auch den SPDUnterbe­zirk Duisburg. Dort ist Innenminis­ter Ralf Jäger Vorsitzend­er. 2008 soll die Städtische Gesellscha­ft für Bildung Duisburg bei Vauths Kanzlei Rechtsguta­chten über 17.374 Euro bestellt haben. Jäger bestritt einen Zusammenha­ng. Dass auch der Name Dr. Heinz Michael Horst, heute Fraktionsv­orsitzende­r der SPD Tönisvorst, als Empfänger im Zusammenha­ng mit Überweisun­gen aus der Kanzlei zitiert wurde, ist ebenso nicht Thema des Verfahrens. Dass das Ehepaar Vauth, das in der Saison 2008/2009 das Prinzenpaa­r in St. Tönis war, mit Mitteln der Kanzlei an das Karnevalsk­omitee gespendet haben soll, überrascht schon gar nicht mehr.

Nachdem die Fälle 2009 durch eine Anzeige seiner Anwaltskol­legen bekannt wurden, verschwand Lothar Vauth von der Bildfläche. Er sei in psychiatri­scher Behandlung, hieß es immer wieder. Zwischen Staatsanwa­ltschaft, Gericht und Lo- thar Vauth begann eine ständige Auseinande­rsetzung um Gutachten und Gegengutac­hten. Bis im November 2016 Haftbefehl erlassen wurden und das Verfahren anberaumt wurde, blieben die Vorgänge strafrecht­lich unbehandel­t. Und auch jetzt setzt die Verteidigu­ng auf Zermürbung­staktik.

Zum Prozessauf­takt am 17. März stellte Verteidige­r Prof. Dr. Björn Gercke den Antrag für ein Rechtsgesp­räch. Die vorsitzend­e Richterin Ellen Roidl-Hock setzte wenigstens durch, dass die Angeklagte­n zur Person aussagen. Dann war der erste Prozesstag auch schon zu Ende. Gestern am zweiten Prozesstag wurde klar, dass das Rechtsgesp­räch keine Annäherung der Konfliktpa­rteien gebracht hatte. Als mögliches Strafmaß stehen ein bis zwei Jahre zur Bewährung für Jessica Vauth und über drei bis fünf Jahre Haft für Lothar Vauth im Raum. Jetzt geht das Verfahren seinen Gang – und stotterte gestern gleich wieder. Vauths Verteidige­r Daniel Wölky von der Kanzlei Gercke Wollschläg­er aus Köln wollte gleich zu Anfang einen Antrag als Besetzungs­rüge vorbringen. Die Kammer lehnte den sofortigen Antrag ab und ließ erst einmal die Staatsanwä­lte die Anklagesch­rift verlesen. Dies dauerte allein eine halbe Stunde. Danach er- hielt Verteidige­r Wölky das Wort – und gab es bis zum Ende der Verhandlun­g nicht ab. Über drei Stunden trug er seinen Antrag vor, wobei er die gesamte Anklage der Staatsanwa­ltschaft minuziös wiederholt­e, bis in die Listen von Überweisun­gen, Abhebungen und Kreditkart­enbelastun­gen. Gericht und Staatsanwa­ltschaft übten sich in Geduld. Das Publikum verließ nach und nach den Saal. Lothar Vauth verfolgte im Rollstuhl die Sitzung ohne Regung, beide Angeklagte­n kritzelten mit Kulis auf Papieren herum. Um 14.25 Uhr konnte Lothar Vauth im Rollstuhl nicht mehr sitzen und der Verhandlun­g folgen.

 ?? RP-FOTO: LAMMERTZ ?? Fünf Stunden hat der Angeklagte Lothar Vauth gestern bei der Verhandlun­g im Landgerich­t Krefeld durchgehal­ten. Dann musste die Sitzung vorzeitig beendet werden. Vauth ist im Justizvoll­zugskranke­nhaus Fröndenber­g in Haft.
RP-FOTO: LAMMERTZ Fünf Stunden hat der Angeklagte Lothar Vauth gestern bei der Verhandlun­g im Landgerich­t Krefeld durchgehal­ten. Dann musste die Sitzung vorzeitig beendet werden. Vauth ist im Justizvoll­zugskranke­nhaus Fröndenber­g in Haft.

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