Rheinische Post Krefeld Kempen

Ohne Kramer fehlt ein Teil der Achse

- VON JANNIK SORGATZ FOTO: IMAGO

Die Spieler im Zentrum sind Dieter Hecking besonders wichtig. Allerdings wird einer noch eine Weile fehlen.

Es gibt Internetpo­rtale, bei denen es kein gutes Zeichen ist, wenn sie sich mit Spielern von Borussia Mönchengla­dbach beschäftig­en. Die Seite „fussballve­rletzungen.com“wurde am 17. März tätig, kurz nachdem der Verein die Diagnose bei Christoph Kramer bekanntgeg­eben hatte. „Innenbandt­eilriss im Kniegelenk“lautete diese, schnell erschien eine wenig verheißung­svolle Grafik bei Twitter: Seit 2009 sind alle Bundesliga­spieler mit dieser Verletzung im Schnitt 50 Tage ausgefalle­n.

Bei Kramer würde das bedeuten, dass frühestens am 6. Mai wieder mit ihm zu rechnen ist, wenn Borussia am 32. Spieltag beim VfL Wolfsburg zu Gast ist. Das DFB-PokalHalbf­inale gegen Eintracht Frankfurt am 25. April wird Kramer verpassen, wenn kein kleines Wunder passiert. „Wenn ich in einem Monat wieder auf dem Platz stehen könnte, wäre das super. Aber es gilt auch: Lieber einen Tag zu spät als einen zu früh“, sagte er gestern in einem Talk auf Borussias Facebook-Seite.

Für die Fans war wenigstens mal ein positiver Aspekt der Verletzung, dass Kramer Zeit hatte, mehr als eine halbe Stunde lang Auskunft zu geben, nicht nur über seinen Gesundheit­szustand. Beim Derby gegen den 1. FC Köln am 8. April wird er zudem Co-Kommentato­r im „Fohlenradi­o“sein.

Dass der Spieler Kramer so lange fehlt, trifft Dieter Heckings Mannschaft hart. Der 26-Jährige war einerseits einer der Garanten des Aufschwung­s unter dem neuen Trainer, anderersei­ts liebt Hecking personelle Kontinuitä­t auf den zentralen Positionen. „Mir hat mal ein erfahrener Trainer gesagt: Dieter, vom Torwart bis zum Stürmer musst du eine Achse haben. Links und rechts kannst du dir basteln, aber wenn die Achse stimmt, hast du viel gewonnen“, verriet er im Logentalk der Postbank und der Rheinische­n Post.

Torwart Yann Sommer, die Innenverte­idigung um Jannik Vestergaar­d und Andreas Christense­n, Kramer auf der Sechserpos­ition sowie Lars Stindl und Raffael in der Offensive bilden Heckings „Achse“, der in mindestens sieben Spielen ein Teil fehlen wird. Bislang nur 380 Minuten hat das Quintett unter Hecking gemeinsam auf dem Rasen gestanden, keines der Spiele ging verloren, auf 7:3 Tore kommt Borussia in dieser Zeit, kein Gegentor fiel aus dem Spiel heraus.

Kramer war seit der Winterpaus­e das Herzstück der Achse, weil er das Offensivsp­iel ankurbelte. Gegen Bayer Leverkusen und Werder Bremen steuerte er jeweils die Vorlage zu den Siegtoren bei. Zudem ist sein Defensivsp­iel wieder effektiver geworden. Bei 51 Prozent lag Kramers Zweikampfq­uote in der Liga vor der Winterpaus­e und damit auf dem Niveau seiner ersten Gladbacher Jahre, in den Spielen seit Heckings Übernahme bei für einen defensiven Mittelfeld­spieler starken 56 Prozent. Nachdem er vor Weihnachte­n nur in fünf seiner 13 Einsätze die Mehrheit der Duelle gewonnen hatte, gelang ihm das zuletzt in fünf von acht. Auch der RP-Notenschni­tt von 2,85 kann sich sehen lassen.

Tobias Strobl ist Kramers Ersatzmann, auf ihm lastet in den kommenden Wochen eine große Verantwort­ung. „Bei Tobi ist es schade, dass er bislang nicht in den Rhythmus reingekomm­en ist“, sagte Hecking, fand aber lobende Worte für seine Leistung beim 0:1 gegen Bayern München. Am Dienstag hatte Strobl wieder kürzertret­en müssen, gestern pausierte er ganz, soll aber heute wieder voll mittrainie­ren. „Er wird auch spielen können“, sagte Hecking mit Blick auf Samstag.

Auf der Doppelsech­s ist Borussia verhältnis­mäßig am dünnsten besetzt. Falls einer aus dem Trio Kramer, Strobl und Mo Dahoud ausfällt, stellt sich dieser Mannschaft­steil von alleine auf. Alle anderen Optionen haben einen Haken: Wird Christense­n nach vorne gezogen, beraubt sich Hecking in der Innenverte­idigung des besten Zweikämpfe­rs der Bundesliga. Tony Jantschke kann auf der Sechs spielen, aber beileibe nicht so gut wie in der Viererkett­e. Und Laszlo Bénes hat zwar „die Nase rausgestre­ckt“, wie Hecking nach dem Bundesliga­debüt des Slowaken gegen die Bayern sagte, der 19-Jährige soll aber behutsam herangefüh­rt werden.

Neben dem Tor ist die Innenverte­idigung die einzige Position, die der Trainer freiwillig noch gar nicht verändert hat. Das Zittern würde Hecking aber nicht bekommen, wenn Christense­n wie erwartet zurück zum FC Chelsea geht. „Auch Nico Elvedi hat diese Ruhe am Ball und die körperlich­e Robustheit, kann Situatione­n gut einschätze­n. Ich denke, eine Rolle wie Andreas kann er auch mal einnehmen“, sagte Hecking. Doch an seiner Achse rüttelt der 52-Jährige nur, wenn er muss. Siehe Kramer.

 ??  ?? Momentan mehr am Mikrofon als auf dem Rasen: Christoph Kramer bereitet sich während der Halbzeitpa­use des Spiels gegen den FC Bayern auf ein Interview vor. Beim Derby am 8. April wird er Co-Kommentato­r im „Fohlenradi­o“sein.
Momentan mehr am Mikrofon als auf dem Rasen: Christoph Kramer bereitet sich während der Halbzeitpa­use des Spiels gegen den FC Bayern auf ein Interview vor. Beim Derby am 8. April wird er Co-Kommentato­r im „Fohlenradi­o“sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany