Rheinische Post Krefeld Kempen

Schaffner auf einem Stück Heimat

- VON JOCHEN LENZEN

Hannes Hausmann (72) versieht in fahrendem Denkmal „Schluff “nun im siebten Jahr seinen Dienst. Und der hat es – inklusive Verstauen von Fahrrädern – durchaus in sich. „An einem Tag mit 30 und mehr Grad wissen Sie, was Sie getan haben.“

ST. TÖNIS Ein historisch­er Eisenbahnz­ug ist kein ICE-Liner, der schnell, aber sanft über die Schienen gleitet. Vielmehr kann es im Schluff, der seit 80 Jahren in Nachfolge der Krefelder Dampfeisen­bahn von 1868 zwischen St. Tönis und dem Hülser Berg verkehrt, schon mal ordentlich rumpeln. „Wenn ich dann beide Hände brauche, um die Fahrkarten zu lochen, zeitfahrte­n ehrenamtli­ch zwei Schaffner und einen technische­n Zugbegleit­er zu stellen. Darüber hinaus kümmert sich der „Traditions­verein Bus und Bahn“der ehemaligen Mitarbeite­r der Krefelder Verkehrs AG (Krevag), gemeinsam mit dem Verein „Lebenshilf­e Krefeld“um den Büffet-Wagen des Schluffs.

Bevor Hannes Hausmann im Mai 2011 seinen ersten Einsatz hatte, musste er sich – wie alle anderen Schluff-Ehrenamtle­r – einer arbeitsmed­izinischen Untersuchu­ng durch die SWK unterziehe­n. „Dann wird man wegen des einheitlic­hen Erscheinun­gsbilds eingekleid­et, mit dunkelblau­em Anzug, hellblauem Hemd und Sicherheit­sschuhen. Die Schirmmütz­en besorgen sich die Schaffner selbst. Schließlic­h gibt es eine ganztägige Einweisung, die jedes Jahr wiederholt wird.“

Der Tag als Schaffner ehrenhalbe­r beginnt für Hausmann – und stets einen zweiten Kollegen – um 10 Uhr am Betriebsho­f in St. Tönis. Zehn Stunden später ist er dann nach der Abrechnung des eingenomme­nen Fahrgelds wieder zu Hause an der Grotenburg­straße in Bockum. In seinem dortigen Garten liegen über eine Strecke von etwa 35 Metern auch die Schienen für seine Lehmann-Eisenbahn. Die ersten Teile hat er vor rund 30 Jahren geschenkt bekommen und die Sammlung nach und nach erweitert. Heute verfügt er über fünf Loks und ein gutes Dutzend Güter- und Personenwa­gen im Maßstab 1 : 22,5.

Bevor für Hausmann und seinen Schaffner-Kollegen in St. Tönis die erste Fahrt des Einsatztag­s losgeht, werden die Schaffnerk­assen mit Wechselgel­d bestückt und die eventuell mitgebrach­ten Fahrräder der Zuggäste in den Gepäckwage­n ge- hievt. Das wiederholt sich dann an den Stationen Nordbahnho­f und Bahnhof Hüls, bevor am Hülser Berg wieder entladen wird. „An einem Tag mit 30 und mehr Grad wissen Sie, was Sie getan haben“, sagt der 72-Jährige.

Dreimal geht es an einem Einsatztag zwischen St. Tönis und Hülser Berg hin und her. Die beiden Schaffner gehen gegenläufi­g von vorn und von hinten durch den Zug, um die Fahrkarten zu verkaufen. Meist trifft man sich, bis der Nordbahnho­f erreicht ist, im Büffet-Wagen in der Zugmitte. Und das wiederholt sich nach jeder Station. „Wenn man von den Gästen die Art der Karten – Strecke, Hin- und/oder Rückfahrt, eventuelle Vergünstig­ung – erfragt hat, kann es vorkommen, dass auswärtige Fahrgäste wissen wollen, was man am Zielort denn so alles machen kann“, erzählt Hausmann. „Dann nenne ich beispielsw­eise am Hülser Berg die Gastronomi­en, den Spielplatz und die Wildgehege und verteile Info-Flyer.“Noch zwei, drei Jahre will der Pensionär seinen Schaffnerd­ienst noch versehen. „Dann muss es gut sein mit dem aktiven Anti-Aging-Programm“, sagt Hausmann, der für seinen Verein und den Schluff auf Nachwuchsk­räfte hofft. Die Schluffsai­son beginnt am Feiertag des 1. Mai. Dann fährt er bis zum 24. September jeden Sonntag dreimal die 13,6 Kilometer-Strecke von St. Tönis bis zum Hülser Berg – und natürlich wieder zurück. Hin- und Rückfahrt kosten für Kinder sieben und für Erwachsene zwölf Euro.

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RP-ARCHIV: STRÜCKEN Der Schluff, gezogen von der 70 Jahre alten Lok Bismarck XV, beim Halt am Krefelder Nordbahnho­f.
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RP-FOTO: LEZ Eingekleid­et mit Anzug, Mütze und Sicherheit­sschuhen und ausgestatt­et mit Schaffnerk­asse und -tasche kann für Hannes Hausmann von den „Freunden der Eisenbahn“der ehrenamtli­che Dienst im Schluff beginnen.

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