Rheinische Post Krefeld Kempen
Neue Amri-Ermittlung auch im Bund nötig
Was der Berliner Sonderermittler und frühere Bundesanwalt Bruno Jost im Fall Amri aufgedeckt hat, stinkt zum Himmel. Statt der elektronisch gespeicherten Einschätzung der Polizei vom 1. November über einen gewerbsmäßigen Dealer Amri wird Monate später eine rückdatierte Notiz von dessen Harmlosigkeit abgeheftet. Das ist Anlass genug, im neuen Düsseldorfer Landtag wie im Berliner Abgeordnetenhaus, in Untersuchungsausschüssen erneut jeden Stein umzudrehen.
Auch der Bundestag muss das leisten. Denn eklatantes Behördenversagen im Vorfeld des Weihnachtsmarkt-Attentats hat es nicht nur auf Länderebene gegeben. Vor den letzten Wahlen hat ein Drohnen-Untersuchungsausschuss binnen vier Monaten auch schon mal ganze Arbeit geleistet. Aber auf einem übersichtlichen Feld. In Sachen Amri besteht die Gefahr, dass nicht gründlich, sondern vor allem mit Wahlkampfeffekten untersucht wird. Deshalb sollte besser der nächste Bundestag damit starten.
Die Zeit bis dahin sollte jedoch genutzt werden, auch das Vorgehen der Bundesbehörden detailliert zu beleuchten. Per Sonderermittler. Bruno Jost, übernehmen Sie! BERICHT AMRIS DROGENHANDEL FRÜH BEKANNT, TITELSEITE
EDemokratie funktioniert
ine kurze Nacht lang konnte man glauben, dass Donald Trump vielleicht doch seinen Frieden macht mit den Institutionen der Demokratie. Dass er ihn einfach akzeptiert, den Sonderermittler, der herausfinden soll, ob der Kreml in geheimer Absprache mit seinen Kampagnenberatern die amerikanische Wahl zu beeinflussen versuchte. Am Morgen aber strickte der Präsident schon wieder an Legenden, wie üblich via Twitter, indem er von der größten Hexenjagd der US-Geschichte sprach.
Selbst wenn nichts dran sein sollte an der „Russland-Connection“, tut Trump in seiner Selbstherrlichkeit unfreiwillig alles für den gegenteiligen Eindruck. Stellt er das altbewährte Kontrollsystem der „checks and balances“infrage, handelt er wie einer jener Autokraten, die er so bewundert. Das System aber hat ihm die Stirn geboten. Auf die Entlassung James Comeys, eines FBI-Direktors, der sich Trumps Willen nicht beugte, folgt prompt die Ernennung eines Sonderermittlers, den der Präsident nicht feuern kann. Zurück bleibt das beruhigende Gefühl, dass die Demokratie funktioniert. Auch unter Donald J. Trump. BERICHT SONDERERMITTLER PRÜFT TRUMP-AFFÄRE, TITELSEITE
EU sei Dank
Da sage noch mal einer, die EU-Kommission kümmere sich nur um Olivenöl-Kännchen und Beamten-Pensionen. Erneut geht Wettbewerbskommissarin Vestager im Interesse der Verbraucher gegen einen Konzern vor. Sie hatte sich schon Google, Apple, MAN und Daimler wegen Missbrauchs von Marktmacht vorgeknöpft. Nun ist Facebook dran. Die dänische Pfarrerstochter brummt dem Netzwerk-Betreiber eine Strafe auf, weil dieser bei der Übernahme von WhatsApp die EU belogen hat. Der Internet-Riese hatte behauptet, er könne die Nutzerprofile von Facebook und WhatsApp nicht vernetzen, was er später aber tat. Angesichts seiner Milliarden-Gewinne kann Facebook die MillionenStrafe zwar aus der Portokasse zahlen. Doch mehr war aus Sicht des Wettbewerbsrechts nicht drin. Die falschen Angaben sind frech, hätten aber an der Freigabe durch die Kartellbehörde nichts geändert. Doch bald bekommt die EU mehr Macht bei der Durchsetzung von Datenschutz. In jedem Fall sind die US-Konzerne gewarnt: Auch wer Geschäfte mit dem Internet macht, muss sich an Regeln halten. BERICHT