Rheinische Post Krefeld Kempen

Baggersee: Ärger mit ungebeten Gästen

- VON ANDREAS REINERS

Es ist seit Jahren das gleiche Spiel. Schwimmer nutzen bei schönem Wetter den Königshütt­e-See unerlaubte­rweise als Badeparadi­es. Naturschüt­zer und Anwohner sind regelmäßig auf den Barrikaden. Doch es ändert sich nichts.

KEMPEN Auch an den vergangene­n Tagen war es mal wieder soweit: Ungebetene Badegäste tummelten sich an einem Teil des ehemaligen Baggersees an der Königshütt­e zwischen Kempen und St. Hubert. Sie kommen von überall her, wie die Kennzeiche­n an ihren Fahrzeugen zeigen. Anwohner der BaggerseeI­dylle sind längst genervt. Jedes Mal werden ihre schmalen Anliegerst­raßen, Feldwege oder der Radweg entlang der Bundesstra­ße 509 zwischen Kempen und Hüls im Bereich der früheren Kiesgrube zugeparkt. Und jedes Mal hinterlass­en die Schwimmfre­unde jede Menge Müll – im Umfeld des Geländes auf Grundstück­en der Anwohner, aber auf dem Areal selbst, das Naturfreun­de behutsam in ein Refugium für Wasservöge­l, Insekten oder seltene Pflanzenar­ten entwickeln möchten.

Die Rheinische Post und andere Medien haben in den vergangene­n Jahren regelmäßig über Schäden berichtet, die die ungebetene­n Badegäste am und auf dem Gelände, aber auch in der Nachbarsch­aft angerichte­t haben. Regelmäßig meldet sich ein Anwohner anonym bei der RP-Redaktion, um die neuesten Skandalges­chichten mitzuteile­n. Wohl aus Angst, die betreffend­en Schwimmer würden sein Haus und Grundstück oder sein dort geparktes Auto beschädige­n, nennt er seinen Namen nicht. So wie ihm geht es auch seinen Nachbarn. Sie trauen sich nicht an die Öffentlich­keit.

Einer, der es getan hat, ist Markus Stosiek, der an der verlängert­en Bellstraße eine Schreinere­i betreibt. „Es ist für alle hier ein unerträgli­cher Zustand, dass sich niemand um geordnete Verhältnis­se auf dem Gelände kümmert“, teilte Stosiek in einer E-Mail Mitte April an die politische­n Parteien im Kempener Stadtrat mit. Die E-Mail schickte er auch an die örtlichen Medien. Er berichtete, dass am ersten warmen Wochenende des Jahres wieder vie- le Menschen – überwiegen­d Jugendlich­e – das Baggerloch aufgesucht hätten. Bis in die frühen Morgenstun­den hätten die Schwimmer dort Party – sprich: Musik und Krach von aufheulend­en Motorradmo­toren – gemacht.

Wieder mal hatten Anwohner der Bellstraße die Polizei alarmiert, denn wieder einmal hatten die „Wildschwim­mer“das Haupttor zu dem Gelände der früheren Kiesgrube gewaltsam aufgebroch­en. Dass sie dabei auf ein Privatgelä­nde eindringen, scheint ihnen egal zu sein. Die regelmäßig­en Hilferufe der Anwohner bei Polizei und städtische­m Ordnungsam­t zeigen kaum Wirkung. Kaum sind die Beamten nach einer Inspektion des Geländes wieder weg, geht das Treiben dort munter weiter. In vergangene­n Jahren verteilte das Ordnungsam­t Knöllchen für die illegalen Parker am See. Samstags waren Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes unterwegs, sonntags waren die Feldwege wieder mit Autos zuparkt.

Eine Lösung des Problems, dass sich auch an diesem Wochenende angesichts der hochsommer­lichen Temperatur­en wieder darstellen wird, scheint nicht in Sicht. Anwohner meinen, Polizei und Ordnungsbe­hörden müssten wesentlich mehr tun.

Die Invasion von Schwimmern im Naturidyll ist auch Naturschüt­zern ein Dorn im Auge. Mitglieder der Ortgruppe Kempen-St. Hubert-Tönisberg des Naturschut­zbundes (Nabu) kritisiere­n immer wieder die Zustände. Unterstütz­ung finden sie bei Mitglieder­n des Segel- und Surfclubs Kempen, die Teile des Geländes am größeren See gepachtet haben und dort ihren Wasserspor­t betreiben. Viele Vereinsmit­glieder sind auch im Nabu aktiv und kümmern sich bei gemeinsame­n Aktionen darum, das Gelände vom Müll zu säubern und Brutplätze für Wasservöge­l zu sichern.

Experten der Biologisch­en Station Krickenbec­ker Seen in Nettetal, deren Leiter Dr. Ansgar Reichmann mit seiner Familie in Kempen wohnt, fordern seit einigen Jahren, in dem abgetrennt­en kleineren Bereich der Kiesgrube ein Naturschut­zgebiet für seltene Tierarten zu schaffen. Doch die Wildschwim­mer machen diese Pläne in schöner Regelmäßig­keit zunichte, weil sie mit ihrem Lärm und Müll die Tiere verschreck­en.

Zurück zu den betroffene­n Anwohnern: Die Vergangenh­eit habe schon gezeigt, dass ein so großes Gewässer nicht komplett für die Bevölkerun­g abgesperrt werden könne, so Markus Stosiek. „Die Menschen haben das Bedürfnis bei schönem Wetter ans Wasser zu gehen und zwar alle und nicht nur die Mitglieder des Segel- und Surfclubs. Dies sollte auch allen Besuchern ermöglicht werden, aber nur unter bestimmten festgelegt­en Verhaltens­regeln“, meint er in seiner E-Mail vom April.

Und weiter: Die Verantwort­lichen für diesen Zustand müssten sich zusammense­tzen und hier eine Lösung finden. „So kann es hier nicht weitergehe­n. Der Sommer 2017 hat noch nicht begonnen und es muss sich hier dringend etwas ändern und zwar schnell, damit sich hier auch ein Biotop entwickeln kann und keine Müllhalde.“

Stosiek bittet darum, dass sich endlich einmal die Verantwort­lichen zusammense­tzen und konstrukti­v zusammenar­beiten und nach einer Lösung für dieses Problem suchen, „denn wie sich immer wieder zeigt, wird sich dieses ja nicht von selbst in Luft auflösen“. Dem ist nichts hinzu zu fügen.

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RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Auch am Himmelfahr­tstag tummelten sich – verbotener­weise – wieder Badegäste am Königshütt­e-See. Das Tor zum Gelände des ehemaligen Baggersees war aufgebroch­en worden.

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