Rheinische Post Krefeld Kempen
KAUDER (CDU) „Die Ausrüstung der Bundeswehr ist teilweise erbärmlich“
Der Unionsfraktionschef tritt vehement für höhere Verteidigungsausgaben ein und attackiert die SPD.
BERLIN Wir treffen Unionsfraktionschef Volker Kauder in seinem Bundestagsbüro. Er ist schon auf den Wahlkampf eingestimmt. In der nächsten Wahlperiode will er noch einmal Fraktionschef werden. Für wie verlässlich halten Sie das transatlantische Verhältnis derzeit? KAUDER Die Partnerschaft mit den USA wird auch in Zukunft ein Eckpfeiler unserer Außenpolitik bleiben. Die USA sind auch heute unser wichtigster Verbündeter außerhalb Europas. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die USA seit Längerem ihre Rolle in der Welt neu bestimmen, auch gegenüber Deutschland und Europa. Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass die Amerikaner alles so weitermachen wie bisher. Präsident Trump hat mit seiner Politik die Partnerschaft aber natürlich noch komplizierter gemacht. Gilt das auch für Sicherheitspolitik? KAUDER Ja. Aber US-Präsident Trump war nicht der Erste, der uns an unsere eigene Verantwortung für die Sicherheit erinnert hat. Auch sein Vorgänger Barack Obama hat schon gefordert, dass Deutschland seinen Zusagen in der Nato nachkommen muss und seine Militärausgaben in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts bewegen muss. Das ist auch notwendig. Die Ausrüstung der Bundeswehr ist teilweise erbärmlich. Die SPD lehnt das ab und will das Geld in kostenfreie Kitas stecken . . . KAUDER Das sollte der SPD-Kandidat mit seinem angeblichen Freund, Frankreichs Präsident Macron, besprechen. Der hat klar gesagt, dass er zu dem Nato-Ziel steht, weil er Europa mehr in der Verantwortung sieht. Es ist unheimlich billig, wenn die SPD im Wahlkampf von Zusagen abrückt, die ihre Minister seit Jahren mit abgegeben haben. Die Bundeswehr wird künftig vielleicht noch mehr gefordert sein, in Afrika oder im Mittleren Osten zum Frieden beizutragen. Das geschieht im deutschen Interesse. Wir dürfen die Welt nicht den Terroristen überlassen. Die FDP sagt, wenn Schäuble freiwillig 15 Milliarden Euro Steuererleichterung in Aussicht stellt, dann wären auch 30 Milliarden drin. Richtig? KAUDER Die FDP sollte nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Neben der Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen muss Geld in andere Projekte gesteckt werden: in die Bildung, die Betreuung von Grundschülern oder die Förderung der Eigentumsbildung von jungen Familien. Wir werden aber nicht das Blaue vom Himmel versprechen, sondern seriös bleiben. Das heißt: grundsätzlich keine Steuererhöhungen und keine neuen Schulden. Die schwarze Null bleibt unser Markenzeichen. Ich fürchte, die anderen Parteien werden es nicht so genau nehmen. Die SPD will mehr Videoüberwachung und steuerliche Förderung für Einbruchschutz. Könnten Sie das nicht gleich umsetzen? KAUDER Die Forderungen der SPD zur Stärkung der inneren Sicherheit sind nicht glaubwürdig. In der gesamten Wahlperiode hat sich unser Koalitionspartner zunächst immer gesperrt, Gesetzesverschärfungen mitzutragen. Es bedurfte zum Beispiel erst des Attentats auf den Berliner Weihnachtsmarkt, damit die SPD zu einem härteren Kurs gegen islamistische Gefährder bereit war. Die Vorschläge greifen auch zu kurz: Die Grundlagen für mehr Videoüberwachung hat der Bundestag bereits geschaffen. Dennoch überwacht der rot-rot-grüne Berliner Senat selbst stadtbekannte Kriminalitätsschwerpunkte in der Hauptstadt nicht. Auch die Forderung nach einer stärkeren Förderung von Prävention beim Einbruchschutz ist merkwürdig. Wir haben im Bund ein erfolgreiches Programm für Zuschüsse aufgelegt, von dem zum Beispiel auch Rentner profitieren, die keine Steuern zahlen. Zur Stärkung der inneren Sicherheit wären vor allem bessere Möglichkeiten zur Überwachung der verschlüsselten Kommunikation notwendig, die gerade auch Terroristen nutzen. Da lese ich aber nichts. Auch bei der doppelten Staatsbürgerschaft bewegt sich die SPD. Ist eine Reform der bestehenden Regelung notwendig? KAUDER Die SPD wollte zu Beginn der Wahlperiode unbedingt die doppelte Staatsbürgerschaft aus- weiten. Wir konnten ihr nur mühsam einen Kompromiss abringen. Die SPD ist für mich auch hier nicht glaubwürdig. Wir werden dazu im Wahlprogramm Antworten geben. Muss der Verfassungsschutz zentral organisiert werden? KAUDER Es geht nicht unbedingt um eine Zentralisierung. Aber kleine Verfassungsschutzämter mit 50 Mitarbeitern sind nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben wirklich zu erfüllen. Hier müssen Strukturen überdacht werden. Der Fall des Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri hat große Defizite in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden deutlich gemacht. 50 Behörden hatten sich mit diesem Gefährder beschäftigt, ohne dass eine das Heft in die Hand nehmen konnte. Das kann nicht so weitergehen. Hat die Diesel-Technik noch eine Zukunft? KAUDER Die Elektro-Technik wird die Mobilität der Zukunft bestimmen. Aber wir werden den Verbrennungsmotor noch lange brauchen. Gerade die Menschen im ländlichen Raum werden auf das Auto und auch den Diesel angewiesen sein. Ohne den Diesel werden wir das Klimakiller-Gas CO2 nicht gut reduzieren können. Die Nachteile des Diesels, vor allem der höhere Ausstoß von Stickoxiden, bekommt die Industrie mit moderner Abgas-Technik immer besser in den Griff. Der Diesel muss optimiert und nicht schlechtgeredet werden. Darum sollte auch das Gerede von Fahrverboten von Diesel-Fahrzeugen aufhören. Dann kaufen die Leute auch wieder mehr neue und damit saubere Diesel. GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.