Rheinische Post Krefeld Kempen
Kalenderblatt 3. Juni 1998
Als die ersten Anwohner, alarmiert durch den Lärm, die Unglücksstelle in Eschede erreichten, bot sich ihnen ein chaotisches Bild. Die Wagen des ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“waren zusammengeschoben, wie eine Ziehharmonika hatte sich bis auf wenige vordere Wagen der ganze Zug zusammengefaltet. Das ICE-Unglück von Eschede war die schwerste Zugkatastrophe im deutschen Schienenverkehr. Ausgelöst hatte sie ein gebrochener Radreifen. Dieser hatte den Zug entgleisen und mit einer Straßenbrücke zusammenprallen lassen. Während die ersten Wagen und der vordere Triebwagen noch unter der Brücke hindurchschossen, entgleiste Wagen 4 und stürzte eine Böschung hinunter. Wagen 5 wurde unter der zusammenbrechenden Brücke begraben, alle anderen Wagen fuhren auf. Die Anwohner alarmierten die Rettungskräfte, doch die Ärzte und Sanitäter von Feuerwehr, Deutschem Roten Kreuz und anderen Rettungsdiensten mussten neben den zahlreichen Schwerverletzten auch viele Tote bergen. 96 Menschen starben an der Unfallstelle, darunter zwei Techniker, die sich auf der Brücke befunden hatten. Fünf Zugpassagiere erlagen im Krankenhaus ihren Verletzungen. Drei Jahre nach dem Unglück begann die juristische Aufarbeitung. Die Anklage gegen drei Bahnmitarbeiter wurde allerdings nach zwei Jahren fallen gelassen – niemandem konnten schwerwiegende Verstöße gegen geltendes Recht nachgewiesen werden.