Rheinische Post Krefeld Kempen
Lkw-Fahrer soll Joggerin getötet haben
Sieben Monate nach dem Mord an einer Joggerin in Endingen bei Freiburg nimmt die Polizei einen Tatverdächtigen fest. Die entscheidenden Hinweise haben DNA-Tests und Mautdaten erbracht. Der Mann könnte ein Serientäter sein.
ENDINGEN (dpa) Spur Nummer 4334 ist der entscheidende Treffer. Sieben Monate lang hat die Freiburger Polizei im Fall einer ermordeten Joggerin akribisch gesucht, nun hat sie den mutmaßlichen Täter gefasst. Was man bislang von dem Verdächtigen weiß: Er ist ein 40 Jahre alter Rumäne, er wohnt und arbeitet in der Region, ist von Beruf Lastwagenfahrer. Und der Mord an der Joggerin am 6. November 2016 in Endingen soll nicht sein erstes Verbrechen gewesen sein. Der Mann steht im Verdacht, fast drei Jahre davor schon eine Studentin im österreichischen Kufstein missbraucht und umgebracht zu haben.
Die Tat in Endingen hatte in der kleinen Stadt am Kaiserstuhl monatelang Unruhe verbreitet: Die junge Frau war an einem Sonntag allein zum Joggen gegangen, aber nicht mehr zurückgekommen. Ihre Leiche wurde Tage später in einem Wäldchen im Weinberg entdeckt. Vom Mörder fehlte zunächst jede Spur. Für die Ermittler begann mit der Tat eine monatelange Suche nach Hinweisen.
Die Datenlage sei zunächst denkbar schlecht gewesen, sagt Richard Kerber, Leiter der Sonderkommission „Erle“, die nach dem kleinen Waldstück benannt wurde, in dem die Leiche gefunden wurde. Zwischen dem Tag der Tat und dem Zeitpunkt des Leichenfundes habe es stark geregnet, dadurch seien viele Spuren vernichtet worden. Trotzdem sei es gelungen, DNA des Täters am Opfer zu sichern.
Und genau diese genetische Spur bringt den ersten entscheidenden Hinweis: Ein Datenabgleich zeigt Übereinstimmungen mit einer Tat in Kufstein. 2014 war dort eine 20 Jahre alte Frau aus Lyon missbraucht und mit einer Eisenstange erschlagen worden. Ähnlich wie in Endingen habe der Mord an der französischen Austauschstudentin die kleine Stadt mit 18.000 Einwohnern nahe der bayrischen Grenze damals in große Aufregung versetzt, sagt der Leiter des Landeskriminalamts Tirol, Walter Pupp. „Ein ungeheures Unsicherheitsgefühl lastete auf der Bevölkerung.“
Die österreichischen Polizisten stellen den deutschen Kollegen 50.000 Lkw-Maut-Daten zur Verfügung – nach dem DNA-Treffer im Rückblick der zweite entscheidende Schritt für die Ermittler. Die Beamten hätten zunächst die Lastwagen herausgefiltert, die zur Tatzeit des Mordes in Kufstein waren und sich dort wegen des Fahrverbots am Wochenende auch hätten aufhalten müssen. Zudem habe man ein bestimmtes Fabrikat ausmachen können, dem man die Tatwaffe Eisenstange zuordnen konnte, sagt Kerber. Im nächsten Schritt seien Speditionen angeschrieben worden, die in Frage gekommen seien.
In den vergangenen Tagen schließlich gelingt der Durchbruch: „Konkretisiert hat sich die Spur zu dem jetzt Festgenommenen am Mittwochvormittag“, sagt Kerber. In den Daten, die eine der Speditionen schickt, stoßen die Ermittler auf den Tatverdächtigen. Er hat seinen Wohnsitz und seine Arbeitsstelle in der Region, zudem sei am 6. November, dem Tattag, sein Handy in der Funkzelle am Tatort eingeloggt gewesen, sagt Kerber. Und: Er besitze ein silbernes Auto des Fabrikats, das nahe dem Tatort gesehen worden war. Die Polizei sucht den Mann auf, nimmt eine Speichelprobe.
Am Freitag kommt das Ergebnis: „Es handelt sich um den Spurenleger“, sagt Kerber. Der 40-Jährige sei festgenommen worden und befinde sich inzwischen in Untersuchungshaft. Allerdings bestreitet er beide Taten. „Ob der Kriminalpolizei ein Serienmörder ins Netz gegangen ist, müssen die intensiven Ermittlungen zeigen“, betonte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Wer zwei Mal so bestialisch mordet, dem ist freilich mehr zuzutrauen.“Die DNA-Spuren würden weiter analysiert und mit internationalen Datenbanken abgeglichen, sagte der Leiter der Kriminaltechnik im Landeskriminalamt, Andreas Stenger.
Endingens Bürgermeister HansJoachim Schwarz sprach sich für eine erweiterte DNA-Analyse in Kriminalfällen aus, um festzustellen, welche Haar- oder Augenfarbe ein Verdächtiger haben könne oder aus welcher Weltregion er stamme. Möglicherweise hätte man den Kreis der Verdächtigen dadurch schneller eingrenzen können, sagte er. Das ist technisch möglich, in Deutschland aber nicht erlaubt.