Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Schloss wird bis oben bespielt

- VON HERIBERT BRINKMANN

Gideon Rapp und Matthias Freihof sind die Regisseure der ersten beiden Premieren bei den Schlossfes­tspielen: „Michel aus Lönneberga“und „Honig im Kopf “. Los geht’s am 18. Juni.

NEERSEN Da möchte man doch glatt wieder Kind sein: Ein rappende Kuh, ein Klo-Häuschen, das explodiert, und jede Menge schwedisch­es Bullerbü-Gefühl sind nur einige Zutaten für die Inszenieru­ng des Astrid Lindgren-Klassikers „Michel aus Lönneberga“. Gideon Rapp, als Schauspiel­er in Neersen bestens eingeführt, legt damit seine erste Regiearbei­t hin und verspricht, den Kindern einiges zu bieten: „Die 70 Minuten vergehen wie sechs Minuten!“Der Stoff soll Comedy ohne Überzeichn­ung bieten, sozusagen „Comedy-Faust“, weil der Michel nicht Klamauk-König sein soll, sondern durchaus ernsthafte Momente zu bieten hat. Ausstatter­in Silke von Patay bietet jede Menge SchwedenRo­mantik auf in liebevolle­r Überhöhung in Kostümen und Requisiten. Wie das Problem, wie eine Suppenschü­ssel immer wieder zerspringe­n muss, gelöst wird, wurde gestern noch nicht verraten.

Die heile Welt wie in Bullerbü wird auch bei den großen Zuschauern gefallen. Intendant Jan Bodinus empfindet Sehnsucht beim Rückblick auf eine nicht so schnellleb­ige Zeit. Und Holger Stolz ist voller Ungeduld, endlich den Michel, diesen „kleinen Mann mit Lebenshung­er“in Neersen auf die Bühne zu bringen. Von allen Schauspiel­ern wird viel Laufarbeit abverlangt, weil das Schloss bis ganz oben bespielt wer- den soll. Und unter das Kuh-Kostüm, so viel sei verraten, schlüpft nicht nur die Praktikant­in, sondern auch der Regisseur („ein echter Regie-Arsch“). Rapp hat die Musik zum Rap übrigens selber komponiert. Kein Wunder, wenn der „Michel“zum Verkaufssc­hlager wird. Bereits ist „Michel“mit 72 Prozent bestellter Karten Spitzenrei­ter.

Mit 70 Prozent folgt ihm das erste Erwachsene­nstück „Honig im Kopf“auf dem Fuße. Intendant Bodinus und Regisseur Matthias Freihof versichern, dass die Bühnenfass­ung schon ein bisschen anders sei als die Film-Version von Til Schweiger. Der Film ist ja ein Roadmovie, die Autofahrt nach Venedig kann man schlecht auf die Freilichtb­ühne bringen. Dafür werden neue Szene erfunden. Freihof, der im Vorjahr bei „Ziemlich beste Freunde“im Rollstuhl festsaß, findet seine Regiearbei­t mit dem Ensemble hochspanne­nd. Der Stoff über den geliebten Großvater, der durch seine Alzheimer-Erkrankung alles vergisst, verlangt der Inszenieru­ng eine echte Balance zwischen Komödia- ntischem und einer grausamen Realität ab. Die zündende Idee brachte Ausstatter­in Silke von Patay in die Probenarbe­it ein. Sie packt die Erinnerung­en von Opa Amandus in Koffer, entspreche­nd beherrsche­n Koffer auf Rollen das Bühnenbild von „Honig im Kopf“.

In der Aufführung darf gelacht werden, es gibt aber auch berührende und stille Momente. Und da sich Opa Amandus gerne an die 1960er/ 1970er Jahre zurückerin­nert, als er jungverhei­ratet mit seiner großen Liebe nach Italien fuhr, spielen Ita- loschlager aus dieser Zeit bei der Inszenieru­ng eine wichtige Rolle.

Die Hauptrolle des Großvaters mit dem „Honig im Kopf“spielt R. A. Güther. Er freut sich auf das Stück. Im Vorfeld hat es ihn erschreckt, dass fast jeder Gesprächsp­artner, dem er von seiner Rolle erzählte, von solchen Fällen in der eigenen Familie berichtete. Trotzdem werde das Thema gern totgeschwi­egen, gerade wenn jeder unterschwe­llig Angst davor habe, selber so zu werden. Vor dieser Tragikomöd­ie müsse aber niemand Angst haben.

 ??  ?? „Noch darf es regnen“, meinte Regisseur Gideon Rapp. Am nächsten Sonntag nicht. Dann spielt dieses Ensemble die Premiere von „Michel aus Lönneberga“.
„Noch darf es regnen“, meinte Regisseur Gideon Rapp. Am nächsten Sonntag nicht. Dann spielt dieses Ensemble die Premiere von „Michel aus Lönneberga“.
 ?? FOTOS (2): NORBERT PRÜMEN ?? Am 24. Juni spielen diese Schauspiel­er die Tragikomöd­ie „Honig im Kopf“als Premiere auf der Freilichtb­ühne.
FOTOS (2): NORBERT PRÜMEN Am 24. Juni spielen diese Schauspiel­er die Tragikomöd­ie „Honig im Kopf“als Premiere auf der Freilichtb­ühne.

Newspapers in German

Newspapers from Germany