Rheinische Post Krefeld Kempen
Tour de Chance
Es ist ein teurer Spaß, natürlich. Die Stadt Düsseldorf lässt sich das Tour-Spektakel Millionen Steuerzahler-Euro kosten, und alle fragen sich: Lohnt sich das? Nun ja. Finanziell wird es wohl nie eine Schlussabrechnung geben können.
Es bleibt eine Tatsache, dass große Düsseldorfer Unternehmen sich nicht wirklich am Sponsoring beteiligen wollten (Vodafone, Ergo, Apobank, Arag) oder nur mit vergleichsweise geringen Mitteln engagierten (Henkel). Dafür mussten die Stadttöchter ran: Messe, Stadtwerke, Rheinbahn, Airport.
Doch OB Thomas Geisel, der wohl noch für kein Projekt in seiner Amtszeit so viel Herzblut entwickelt hat, hat auch ein gutes Argument. Eine Großstadt muss auch Großevents können. Und wenn sich die Düsseldorfer bei der Tour de France als weltoffene, sympathische und fröhliche Gastgeber präsentieren, wie sie das an anderen Wochenenden ja auch tun, dann sendet dies eine Botschaft in die Welt, die positiv in Erinnerung bleibt. Düsseldorf ist eine internationale Stadt, jeder zweite Neubürger hat einen ausländischen Hintergrund. Warum sollte die Stadt dieses Flair nicht auch beim weltgrößten Radfest zeigen? Auch wenn der Gegenwert nicht in Heller und Pfennig errechnet werden kann.
Genug Ehe für alle da
Das Briefgeheimnis aus Artikel 10 des Grundgesetzes ist seit 1949 nicht verändert worden. Noch immer ist dort in den gleichen altbackenen Worten das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis geschützt. Heute indes versteht man darunter wie selbstverständlich etwas ganz anderes als noch vor knapp 70 Jahren. Heute ist ein Brief im Sinne des Grundgesetzes auch eine E-Mail.
Und so sollte das mit der Ehe gleichermaßen funktionieren. Natürlich hat der Parlamentarische Rat nicht daran gedacht, dass sich zwei Männer oder Frauen ehelichen könnten. Aber er hat ebenso wenig daran gedacht, dass er mit seinem Artikel 10 einmal eine E-Mail oder einen Chat schützen würde. Daher muss gelten: Ehe im Sinne des Grundgesetzes ist heute eine Verbindung zweier Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht. Dazu bedarf es keinerlei Klarstellung in der Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht sollte sich bei der Beurteilung der „Ehe für alle“vor allem an einem orientieren: dem klaren Willen des Gesetzgebers. Der hat gestern beruhigt festgestellt: Es ist genug Ehe für alle da. BERICHT DER BUNDESTAG GIBT SEIN JA-WORT, TITELSEITE
Bayer auf Schlingerkurs
Der erfolgsverwöhnte Bayer-Konzern erfährt mächtig Gegenwind. Im April hat er seine Prognose angehoben, nun muss er seine Ziele wieder kassieren. Solch hektischen Schlingerkurs kennt man von Start-ups, aber nicht von soliden Traditionsfirmen. Zunächst wollte Bayer die MonsantoÜbernahme im ersten Quartal bei der EU anmelden, nun wurde es der letzte Tag im zweiten Quartal. Für alles gibt es Gründe, doch es zeigt sich auch, dass der Megadeal kein Spaziergang ist. Zu bekannten Problemen – Monsanto gilt als Konzern mit dem schlechtesten Image der Welt – kommen neue hinzu: Den Kauf der Merck-Arzneien für zehn Milliarden hat Bayer weder verdaut, noch ist er erfolgreich – schon soll der Konzern einen größeren Deal stemmen. Der frühere Chef Dekkers wird gewusst haben, warum er die Finger von Monsanto ließ. Finanzchef Dietsch wird auch wissen, warum er 2018 frühzeitig geht. Dass Staaten Monsantos Verkaufshit Glyphosat immer kritischer sehen, macht es nicht leichter. Ein Scheitern an Kartellfragen würde Bayer Milliarden kosten. Jetzt ist der Konzern zum Erfolg verdammt. BERICHT