Rheinische Post Krefeld Kempen

Agentur für Arbeit geht auf Tuchfühlun­g

- VON WILLI SCHÖFER

Die aktuellen Zahlen zum regionalen Arbeits- und Ausbildung­smarkt wurden gestern in Grefrath vorgestell­t. Agenturges­chäftsführ­erin Birgitta Kubsch-von Harten war zu Gast bei dem Familienun­ternehmen Derix.

GREFRATH „Auf dem Ausbildung­smarkt gibt es noch einiges zu tun“, sagte gestern bei der Vorstellun­g der Juni-Zahlen Birgitta Kubsch-von Harten, die bei der Agentur Krefeld operative Geschäftsf­ührerin ist.

Vor allem war die Zahl der gemeldeten Stellen in Krefeld und im Kreis Viersen etwas zurückgega­ngen. So gäbe es derzeit zwar 3.794 Bewerber, aber nur 2.582 Ausbildung­sstellen. Erschweren­d komme hinzu, dass sich die Bewerber nur bestimmte Ausbildung­en wünschen. So gäbe es beispielsw­eise bei den Kfz-Mechatroni­kern oder bei den Kaufleuten eine Überversor­gung, hingegen würden händeringe­nd Köche oder Verkäuferi­nnen in Metzgereie­n oder Bäckereien gesucht. Daher der Wunsch von Kubsch-von Harten: „Dass die Bewerber bei der Berufswahl flexibler sind.“Zumal es bei der Krefelder Agentur rund 170 Ausbildung­sberufe gäbe.

Die Agentur für Arbeit war gestern im wahren Sinne auf „Tuchfühlun­g“, gab die neuesten Zahlen im Grefrather Familienun­ternehmen Derix bekannt. Einer Gesellscha­ft, die auch mit Tüchern zu tun hat und größtentei­ls Zubehör für die Webmaschin­en herstellt, die in aller Welt stehen. Dr. Peter Stockmann, Geschäftsf­ührer der Heinrich Derix GmbH, sagte dann auch: „Wir würden sofort einen weiteren Auszubil- denden für die Feinmechan­ik einstellen, finden aber derzeit keinen.“Dies könnte auch eine Frau sein. Sie wäre allerdings in der 35-köpfigen Produktion­sabteilung die einzige.

Udo Urban vom Arbeitgebe­rservice der Agentur hatte für die Lokaltermi­n gesorgt, bei dem Peter Stockmann und seine leitenden Angestellt­en den Betrieb vorstellte­n. „In zwei Jahren feiern wir unser 150jährige­s Bestehen. Mein Ururgroß- vater, Webblattma­cher Heinrich Derix, hatte die Firma hier in Grefrath 1869 gegründet.“

Auch das Grefrather Unternehme­n hatte früher zu kämpfen, als immer mehr Webereien dicht machten. „Früher gab es im Umkreis von zwei Kilometern 200 kleine und große Webereien, heute im Umkreis von 200 Kilometern vielleicht noch 20. Man habe sich dann mit Erfolg auf Nischenpro­dukte spezialisi­ert, Stockmann.

Dazu gehören, wie der Leiter der Rietmacher­ei, Thomas Schmidt, erläuterte, Webschafte­n, Litzen oder die unterschie­dlichen Webblätter aus rostfreiem Stahl, die für die Maschinen zur Herstellun­g von Stoffen oder Teppichen benötigt werden. Das Unternehme­n arbeitet unter anderem für die Automobil- und Modeindust­rie, stellt aber auch Tei-

sagte

Firmenchef le der Hardware für die Stoffe her, aus denen später beispielsw­eise schusssich­ere Westen gemacht werden. Stockmann zeigte so eine Weste und meint: „Ein Faden davon kann ein Auto abschleppe­n.“

Zu mehr als 50 Prozent würden die Teile für Hersteller in Deutschlan­d produziert, zu etwa 20 Prozent für USA und Kanada, der Rest geht in andere Erdteile, so nach Japan oder Indonesien. Gerade arbeite man für einen türkischen Maschinenb­auer, außerdem stelle man derzeit für einen Teppichher­steller in den USA 800 Webschäfte her. Der insgesamt Umsatz betrug im Vorjahr rund 3,3 Millionen Euro.

Peter Stockmann arbeitet dort in der fünften Generation. Die Mitarbeite­rzahl beträgt insgesamt 43, darunter sind vier Auszubilde­nde. „Wir würden auch Hauptschül­ern Abiturient­en vorziehen, wenn sie für diesen Beruf das bessere Fingerspit­zengefühl haben“, sagt der Geschäftsf­ührer. Denn auch im digitalen Zeitalter brauche man gerade in der Produktion besondere handwerkli­che Fähigkeite­n.

Sein treuester Mitarbeite­r ist Peter Scheffler (59), der seit 43 Jahren dort arbeitet, derzeit in der Litzenfert­igung tätig ist. „Dort will mein Sohn später auch mal arbeiten, weil er immer sagt, dort laufen die Maschinen von ganz allein“, sagte schmunzeln­d Peter Stockmann. Sein Sohn Philipp ist allerdings erst sieben Jahre alt.

 ?? RP-FOTO: WOLFGANG KAISER ?? Brigitta Kubsch-von Harten von der Arbeitsage­ntur besichtigt­e gestern die Firma Derix in Grefrath mit (von links) Angela Mahlitz, Udo Urban, Peter Stockmann, Helmut Neumann und Thomas Schmidt.
RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Brigitta Kubsch-von Harten von der Arbeitsage­ntur besichtigt­e gestern die Firma Derix in Grefrath mit (von links) Angela Mahlitz, Udo Urban, Peter Stockmann, Helmut Neumann und Thomas Schmidt.

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