Rheinische Post Krefeld Kempen

Prozess um Wahlfälsch­ung: Gericht hört Zeugen

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KEMPEN/KREFELD (sste) Vor der 2. Großen Strafkamme­r des Krefelder Landgerich­tes wurde gestern der Prozess gegen drei Männer (30, 32 und 46 Jahre alt) und eine Frau (29) fortgesetz­t. Außer dem 46-jährigen Beschuldig­ten, der in Wachtendon­k lebt, wohnen alle Angeklagte­n in Kempen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Quartett unter anderem Wahlfälsch­ung, Abgabe falscher eidesstatt­licher Versicheru­ng sowie Urkundenfä­lschung vor.

Konkret kandidiert­e der 30-jährige Beschuldig­te Philippe B. bei der Kommunalwa­hl im Mai 2014 für das Amt des Bürgermeis­ters in Kempen und, wie auch die 29-Jährige sowie der 32-Jährige, für den Einzug in den Kempener Stadtrat – die RP berichtete.

Da nicht genügend NPD-Kandidaten für sämtliche Wahlkreise zur Verfügung standen, hätten die Angeklagte­n den Entschluss gefasst, die Existenz von Kandidaten für die unbesetzte­n Wahlkreise vorzutäusc­hen. Außerdem sollen sie Wahlvorsch­lagsformul­are mit den Personalie­n von Scheinkand­idaten angefertig­t haben, auf denen diese mit ihrer Unterschri­ft ihre Zustimmung zu einer Kandidatur bestätigen mussten.

Ein solches Formular unterzeich­nete auch ein 26-jähriger Fliesenleg­erhelfer aus Kempen, der gestern in den Zeugenstan­d trat. Ja, er habe eine solche Unterschri­ft geleistet, gab dieser zu. „Ich dachte aber, damit unterstütz­e ich nur die NPD. Mir war nicht klar, dass ich zum Kandidaten aufgestell­t werden würde“, sagte der junge Mann. Das sei nämlich keinesfall­s seine Absicht gewesen; er wäre außerdem nicht rechtsradi­kal. Er habe wohl den Fehler gemacht, sich „das Ganze“nicht richtig durchzules­en. Von dem bei der Unterschri­ft anwesenden Philippe B. und dessen Gerede sei er abgelenkt gewesen. Außerdem gab der Zeuge zu, dass er von B. „sozusagen als Belohnung fürs Unterzeich­nen“ein Gramm Speed erhalten habe.

Ein weiterer, 24 Jahre alter Zeuge berichtete, dass er mit einem Bekannten, der später behauptete, seine Kandidatur-Unterschri­ft unter falschen Voraussetz­ungen geleistet zu haben, bei B. zu Gast war. Seiner Ansicht nach habe jener „Kollege“ jedoch genau gewusst, was er da unterzeich­nete.

Schließlic­h sagte noch ein 61-jähriger Stadtamtsr­at, der seit mehreren Jahren für die Kempener Kommunalwa­hlen zuständig ist, als Zeuge aus. Drei der vier Angeklagte­n hätten bei ihm „ziemlich spät, aber noch rechtzeiti­g“ihre Vorschläge (für Stadtrats- und Bürgermeis­terwahl) eingereich­t. Im Anschluss seien dann bei ihm diverse Personen aufgetauch­t, die ihm erklärt hätten, dass einige der NPD-Kandidaten­Unterschri­ften unter falschen Voraussetz­ungen geleistet oder sogar gefälscht worden seien.

Der Prozess wird am Montag, 10. Juli, 9 Uhr, fortgesetz­t.

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