Rheinische Post Krefeld Kempen
KULTURTIPPS
Regeln zur Bewahrung der Demokratie „Purple Rain“von Prince in neuer Edition Texte über die Folgen der Globalisierung
Sachbuch Die Entscheidung zu diesem Buch fiel am Abend nach der Trump-Wahl. Da dachte sich der Philosophie-Journalist Jürgen Wiebicke, dass man jetzt bloß nicht wehrlos und verzagt sein dürfe. Denn: Wer meint, nichts tun zu können, überlasst das Spielfeld den anderen. Das wollte Wiebicke nicht, darum hat er ein einfaches, gut lesbares und kluges Buch darüber geschrieben, wie attraktiv die Demokratie immer noch ist und wie man diese Errungenschaft pflegen und erhalten könnte – mit der Hilfe von zehn simplen Regeln. Etwa: Bleibe gelassen im Umgang mit Demokratie-Verächtern; oder: Verliere nicht den Kontakt zu Menschen, die nicht deiner Meinung sind; und: Verabschiede dich von der Attitüde, eigentlich gegen diese Gesellschaft zu sein. Wer das Buch liest, lernt einiges über sich. Und wer das Wissen weitergeben will, muss nicht einmal das Buch abgeben: Denn dem Werk liegt eine Postkarte mit den zehn Regeln bei. Lothar Schröder Funk Selten gab es in den vergangenen Jahren eine Neuausgabe, die derart lohnenswert war wie die von „Purple Rain“. Prince war auf dem Gipfel, als er das Album 1984 veröffentlichte, es ist perfekt, man muss ihm nichts mehr hinzufügen, denkt man. Aber nun ist da diese Edition mit drei CDs und einer DVD, und darin sind elf unveröffentlichte Stücke aus den Jahren ’83/’84 enthalten, die zusammengenommen als eigenständiges Album mit den bei Prince einst üblichen Qualitätsstandards gelten können. Dass sie es damals nicht auf die LP geschafft haben, dürfte nicht an ihrer mangelnden Güte gelegen haben, sondern Schlüssigkeit und Kohärenz des Albumkonzepts geschuldet sein.
Diese Stücke nehmen die komplette zweite CD ein. Prince liefert inspirierten Jazz-Funk ab, hoch temperierte Körpermusik, und die Höhepunkte sind „Our Destiny / Roadhouse Garden“, „Wonderful Ass“und das zwölf Minuten lange „Computer Blue“, das das einzige Stück in diesem Konvolut ist, das Prince nicht alleine geschrieben hat. Gitarristin Wendy Melvoin und Keyboarderin Lisa Coleman aus seiner Band The Revolution unterstützten ihn, und die beiden hatten ja wenige Jahre später als Wendy & Lisa mit „Waterfall“und „Sideshow“ Buch Nun hat ja ein neues Nachdenken eingesetzt über die Risiken der Globalisierung und deren konkrete Folgen wie Flucht, Terror, Krieg. Der Band „Die große Regression“versammelt eine Reihe erhellender Essays zum Thema von Autoren wie Eva Illouz, Paul Mason, Arjun Appadurai. Das sind nicht nur kluge Denker, die auch komplexe Zusammenhänge verständlich auszudrücken wissen, sie kommen auch aus unterschiedlichen Ländern, Kulturen, Denktraditionen. Das ist spannend, denn es zeigt, wie der tiefe Wandel durch die Globalisierung, der sich in allen Lebensbereichen niederschlägt, in unterschiedlichen Regionen der Welt doch zu ähnlichen Fragen führt. Etwa danach, ob es nicht eigentlich die marktradikale Form der Globalisierung ist, die zu den aktuellen Verwerfungen führt, und nicht das Zusammenwachsen der Welt an sich. Manche Lage hat sich schon wieder verändert, trotzdem lohnt die Lektüre dieser Texte. Dorothee Krings eigene Charterfolge. Überhaupt bekommt man einen guten Eindruck von der Art, wie Prince gearbeitet und wie er die unterschiedlichen Formate genutzt hat. Auf der dritten CD finden sich Hits in ausgedehnten Versionen, die auf MaxiSingles veröffentlicht wurden. Das fast elf Minuten lange „I Would Die 4 U“ist ein komplett anderes Lied als das, was damals im Radio gespielt wurde. Prince hat dafür eine LiveVersion neu abgemischt, und es wird einem beinahe schwindelig, weil nun so viel Druck in diesem Song ist.
Eine DVD mit dem Konzert im Carrier Dome in Syracuse vom 30. März 1985 liegt der Edition außerdem bei. Und zum digital aufpolierten Original-Album, das man auf der ersten CD findet, bleibt zu sagen, dass man tatsächlich einen Unterschied zur 33 Jahre alten Erstausgabe hört. Das Titelstück etwa wirkt jetzt noch wuchtiger und massiver.
Vorbildliche Neuausgabe. Ein kleiner Schatz. Philipp Holstein