Rheinische Post Krefeld Kempen
Vettel siegt dank Bodyguard Räikkönen
Verfolger Hamilton lässt Mercedes-Teamkollege Bottas kurz vor dem Ziel vorbei und verliert als Vierter weitere drei Punkte.
BUDAPEST (RP) Schweißgebadet und glücklich feierte Sebastian Vettel seinen ersten Sieg seit dem 28. Mai in Monte Carlo. Mit defekter Lenkung hatte er sich in der Hitze von Ungarn gerade so ins Ziel geschleppt, seinen WM-Rivalen Lewis Hamilton weiter distanziert – und der Heppenheimer wusste genau, dass er sich dafür bei seinem „Bodyguard“bedanken musste. „Ich schulde meinem Teamkollegen einen großen Gefallen“, sagte Vettel.
Denn Kimi Räikkönen hatte dem langsameren Vettel als Prellbock gedient. Der Finne „beschützte“ihn vor den heranrasenden MercedesPiloten. Räikkönen wurde am Ende Zweiter, Valtteri Bottas landete noch vor Mercedes-Kollege Hamilton auf Rang drei. Es war das Ergebnis eines bemerkenswerten Finales: Hamilton hatte den dritten Rang per Teamorder erhalten, um den langsameren Vettel zu jagen. Da er aber nicht einmal an Räikkönen vorbeikam, gab der Engländer wie verabredet die Position in der letzten Kurve – damit Red-Bull-Pilot Max Verstappen keine Chance zum Angriff mehr hatte – wieder zurück.
In der WM-Wertung führt der viermalige Champion Vettel nach seinem siebten Sieg im 51. Grand Prix für Ferrari vor der vierwöchigen Sommerpause mit 202 Zählern wieder etwas deutlicher vor Hamilton (188). „Ich bin auf Wolke sieben“, sagte der Heppenheimer: „Es war so schwierig. Irgendwas lief falsch, die Lenkung war verzogen. Ich musste mich unheimlich konzentrieren, meine Lenkbewegungen die ganze Zeit anpassen und konnte keine Runde durchatmen. Das Rennen schien kein Ende zu nehmen.“
Hamilton hatte gemischte Gefühle nach seinem fairen Manöver, das ihn drei Punkte kostete. „Es ist hart für die Meisterschaft. Aber ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht“, sagte er. Mercedes-Sportchef Toto Wolff sprach von der „vielleicht schwersten Entscheidung der vergangenen fünf Jahre.“Aber es sei die richtige gewesen, auch wenn man den WM-Titel verlieren kann und es auf den „ersten Blick ein bisschen naiv ist.“
Mit dem Großen Preis von Belgien in Spa (27. August) startet die Formel 1 in vier Wochen in die restlichen neun Saisonrennen. Dann dürfte Mercedes stark zurückkommen. Vor den Toren Budapests hatten die Silbernen aber im Qualifying ernsthafte Probleme mit fehlendem Grip, Vettel konnte sich ganz souverän den ersten Startplatz sichern, im Rennen der entscheidende Vorteil. Hamilton wird in Belgien erneut versuchen, einen der wichtigsten Formel-1-Rekorde einzustellen: Die nächste Pole des Engländers ist seine 68. – damit würde er die Bestmarke von Michael Schumacher einstellen, ausgerechnet in dessen „Wohnzimmer“in Spa hat der 32Jährige die nächste Chance.
Durch Vettels Technik-Probleme wurde das Rennen zum Krimi. Schon früh wurde es für den WMFührenden kompliziert. Ständig musste er mit dem Lenkrad ausgleichen. Auch dank der zeitlichen Abfolge der Boxenstopps bei Ferrari blieb Vettel vor Räikkönen, der festhing und sich darüber beschwerte. „Ihr setzt mich grundlos unter großen Druck von den Mercedes“, schimpfte der Finne. Im Rückspiegel wurden die Silberpfeile immer größer. Wenig später musste Bottas den schnelleren Hamilton auf Anweisung der Mercedes-Box vorbei- lassen. Schon bald saß er Räikkönen im Nacken, kam aber nicht vorbei.
Dicke Luft gab es bei Red Bull. Kurz nach dem Start hatte Max Verstappen (Niederlande) seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo abgeschossen. „Ich erwarte, dass er zuerst zu mir kommt und sich entschuldigt“, sagte der mächtig angesäuerte Australier. Verstappen, der für die Aktion eine Zehn-SekundenStrafe erhielt, gab sich vor der TVKamera kleinlaut. „Sorry an Daniel. Das darf nicht passieren. Er ist ein toller Teamkollege“, sagte der 19Jährige. In den nächsten Tage wolle er das Gespräch suchen, denn „heute sind die Emotionen etwas hoch.“