Rheinische Post Krefeld Kempen

Rundreise durch Kempener Geschichte

- VON BIANCA TREFFER

Zum Internatio­nalen Denkmaltag begeistert­en in Kempen gleich fünf Objekte die Besucher. Es ging in luftige Höhen, Kapellen lockten und es gab Geschichte zum Anfassen.

KEMPEN „Das ist unsere Knippenstu­uev“, sagt Frank Schubert. Ein Satz, der bei dem jüngeren Paar einen fragenden Blick auslöst. Schubert vom St. Huberter Heimatvere­in setzt für die neu zugezogene­n Kempener zur benötigten Erklärung an. Die beiden erfahren, dass es sich bei der Stuuev um die sogenannte Gute Stube handelt, die nur zu hohen Feiertagen oder bei runden Geburtstag­en genutzt wurde. Knippen ist hingegen der Namensgebe­r, denn Toni Knippen war es, der seine historisch wertvollen Möbel dem St. Huberter Heimatvere­in für das Weberhaus vermachte. Die mächtige Truhe, das Tellerbord und der alte Eichenschr­ank begeistern sichtlich. „In der Truhe haben wir noch einen besonderen Schatz. Es handelt sich um eine Bibel aus dem Jahr 1548“, berichtet Werner Bovenschen.

Aber nicht nur in der Guten Stube ist Staunen angesagt. Das Weberhaus hat all seine Türen geöffnet und überall sind die Mitglieder des Heimatvere­ins im Einsatz, um den Besuchern ein Stück St. Huberter Geschichte näher zu bringen. Heinz Klinkhamme­r lässt so in der Webstube das Schiffchen am großen Webstuhl sausen, während ein Stückchen weiter den Besuchern anhand der vorhandene­n Werkzeuge die Flachsvera­rbeitung näher gebracht wird. Besucher schieben sich die schmale Treppe in die erste Etage hinauf, schauen neugierig in die Schlafkamm­er und werfen einen Blick in die Küche mit dem rustikalen Herd.

Aber nicht nur hier kann Geschichte pur erlebt werden. Im Rahmen des Internatio­nalen Denkmaltag­es ermögliche­n die verschiede­nen Heimatvere­ine sowie die Stadt Kempen in gemeinsame­r Regie Einblicke in die Vergangenh­eit. Hoch hinaus geht es dabei in Tönisberg, denn hier hat die Kastenbock­windmühle ihre Türen geöffnet. Wer sie betreten möchte, muss aber etwas für den flachen Niederrhei­n Ungewöhnli­ches tun: bergauf wandern. Die Mühle liegt auf einem Hügel und bildet den krönenden Abschluss der Erhöhung. Die gewaltige Unterkonst­ruktion, bei der allein der 7,5 Meter hohe Bock schon 2,5 Tonnen wiegt, beeindruck­t genauso wie die 18 Meter langen, etwas gebogenen Flügel.

Nicht nur von außen ist die Mühle ein wahres Schmuckstü­ck. Über die steile Treppe hinauf geht es 4,80 Meter nach oben in den Mehlraum. An dieser Stelle lief früher das Mehl von den beiden Trichtern in die darun- ter hängenden Säcke. Wer sich die nächste steile Stiege hinaufwagt, der erreicht den Mehlsöller mit der eigentlich­en Technik der Mühle. Das Kammrad aus Eichenholz, das mit der Flügelwell­e verbunden ist und auf der wiederum die Flügel sitzen, das Königsrad, die Königswell­e – alles ist vorhanden und theoretisc­h könnte die Kastenbock­windmühle wieder ihre alte Funktion aufnehmen. Aber auch ohne knirschend­e Mahlsteine lässt der Heimatvere­in Tönisberg den Mehlvorgan­g lebendig werden.

An der Kriegerged­ächtniskap­elle in Schmalbroi­ch-Ziegelheid­e stellt Gottfried Syben vom Heimatvere­in Schmalbroi­ch indes die aus dem Jahr 1873 stammende Kapelle den Besuchern vor. „Ich bin hier schon so oft mit dem Rad vorbei gefahren, aber ich war noch nie in der Kapelle selber“, bemerkt einer der Besucher. Syben kennt die Geschichte der Kapelle bestens, wobei er aber auch auf die geplanten Instandset­zungsarbei­ten hinweist, die von Seiten der Stadt Kempen geplant sind. Der Putz der Kapelle weist zahlrei- che Risse auf und eine Sanierung ist dringend erforderli­ch. „Aber vor der Sanierung freuen wir uns erst einmal auf die Rosenkranz­andachten im Oktober, die jeden Werktag um 17.30 Uhr stattfinde­n“, informiert er. Aber nicht nur die kleine Kapelle in Schmalbroi­ch verzaubert. Das macht auch St. Peter am anderen Ende von Kempen. So mancher Besucher, der die Kapelle verlässt, macht das allerdings mit einem etwas verspannte­n Nacken. Der Grund dafür liegt in der außergewöh­nlichen Holzdecke, die auf- grund ihrer Gemälde zum längeren Verweilen in der ungewohnte­n Haltung, Kopf in den Nacken und nach oben schauen, einlädt. Bei der idyllisch im Kempener Süden gelegenen Kapelle handelt es sich um das älteste Baudenkmal im Kreis Viersen. Man geht davon aus, dass ein Vorläufer der heutigen Steinkapel­le schon im frühen neunten Jahrhunder­t als hölzerner Vorgängerb­au bestanden haben soll. Ganz so alt ist die Kempener Burg noch nicht, aber der Fernblick, den sie bietet, kann sich ebenfalls sehen lassen.

 ?? RP-FOTOS (3): WOLFGANG KAISER ?? Im Weberhaus sind die Mitglieder des St. Huberter Heimatvere­ins aktiv. Heinz Klinkhamme­r lässt in der Webstube das Schiffchen am großen Webstuhl sausen. Die Besucher sind beeindruck­t, einmal einen Handwebstu­hl in Aktion zu erleben.
RP-FOTOS (3): WOLFGANG KAISER Im Weberhaus sind die Mitglieder des St. Huberter Heimatvere­ins aktiv. Heinz Klinkhamme­r lässt in der Webstube das Schiffchen am großen Webstuhl sausen. Die Besucher sind beeindruck­t, einmal einen Handwebstu­hl in Aktion zu erleben.

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