Rheinische Post Krefeld Kempen

Einsatzkos­ten: Feuerwehr verzichtet auf Regress von Brandstift­ern

- VON NORBERT STIRKEN

Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahl­er kritisiert die Praxis in Krefeld. Eine finanziell nicht auf Rosen gebettete Kommune wie Krefeld sei verpflicht­et, ihr zustehende Einnahmen zu erzielen.

Beim Einsatz der Feuerwehr geht es in erster Linie darum, Gefahren für die Menschen und deren Eigentum abzuwehren. In ihrer Kernaufgab­e leisten die Krefelder Einsatzkrä­fte Vorbildlic­hes. Zurückhalt­ender verhalten sich Stadt und Einsatzlei­tung offenbar dabei, wenn es darum geht, Verursache­r für Feuer- und Rettungsei­nsätze zur Kasse zu bitten. Statt Brandstift­er für die Kosten eines Einsatzes in Regress zu nehmen, zahlt der Steuerzahl­er. „Für eine solche Nachsicht habe ich überhaupt kein Verständni­s“, erklärte Eberhard Kanski, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bundes der Steuerzahl­er Nordrhein-Westfalen, auf Anfrage unserer Redaktion.

Wenn die Kriminalpo­lizei ermittelt habe, wer für einen vorsätzlic­h gelegten Brand verantwort­lich sei, dann müsse die Stadt ihn auch in Regress nehmen, meinte der Experte. Die Stadt Krefeld benötige jeden Euro und sei nach der so genannten Einnahmetr­ias gleichsam verpflicht­et, für ihre Einnahmen folgende Reihenfolg­e zu beachten. Zuerst seien Gebühren und Beiträge zu erheben, dann Steuern anzupassen und erst zuletzt Schulden aufzunehme­n. Es sei kaum nachzuvoll­ziehen, dass jeder Parksünder über alle Bürokratie­ebenen zur Zahlung eines Ordnungsge­ldes aufgeforde­rt werde, bei einem Brandstift­er aber auf die Regresszah­lungen für den Einsatz der Feuerwehr und der Rettungskr­äfte zu verzichten, sagte Kanski.

Strafrecht­lich können Brandstift­er nach Paragraf 306 mit einer Gefängniss­trafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Die Stadt müsste im Zweifel zivilrecht­lich gegen den Brandstift­er vorgehen, um Kostenersa­tz zu erhalten. Die Feuerwehr kostet die Stadt Krefeld viel Geld für Personal, Ausrüstung und Unterkunft. Allein für die neue Feuerwache an der Neuen Ritterstra­ße zahlt die Kommune 84,5 Millionen Euro.

In welchen Fällen die Stadt Verursache­r von Einsätzen in Regress nehmen kann, ist im Gesetz über den Brandschut­z, die Hilfeleist­ung und den Katastroph­enschutz (BHKG) geregelt. Dort heißt es unter anderem: „Von der Verursache­rin oder dem Verursache­r, wenn sie oder er die Gefahr oder den Schaden vorsätzlic­h oder grob fahrlässig herbeigefü­hrt hat.“

Dass die Ermittlung von Brandstift­ern nicht nur pure Theorie ist, zeigen die Ereignisse der jüngeren Vergangenh­eit. Ein Jugendlich­er gestand, mit dem Versprühen von Hundeabweh­rspray einen Großeinsat­z am Freibad Palmstraße verursacht zu haben. Die Kripo ermittelte, dass das Feuer in einem viergescho­ssigen Mehrfamili­enhaus an der Lindenstra­ße von einem Gast gelegt worden sei. Ein Bauunterne­hmer gestand vor Gericht, an der Moerser Landstraße in Verberg ein Haus angezündet zu haben.

Stadtsprec­her Manuel Kölker erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, dass „bei der Beurteilun­g eines Einsatzes häufig nicht fest steht, ob es sich um Brandstift­ung handelt. Die Beurteilun­g erfolgt in der Regel aber sehr schnell nach dem Einsatz (wenige Tage danach). Ein Gerichtsur­teil liegt da noch nicht vor. Die Einsätze kommen auch nicht ,auf Wiedervorl­age’, um gegebenenf­alls später darüber zu entscheide­n. Dieser Aufwand würde nicht in Relation mit dem Ertrag stehen“.

Zu dem konkreten Einsatz (in Verberg, die Redaktion) könne die Stadt keine Aussage treffen, da eine Recherche extrem aufwendig wäre. Er gehe aber davon aus, dass die Verwaltung keinen Regress gefordert habe, da die Beurteilun­g wenige Tage danach erfolgt sei. Unmittelba­r nach dem Einsatz sei die Feuerwehr noch nicht von einer Brandstift­ung ausgegange­n, berichtete Kölker.

In den zurücklieg­enden drei Jahren habe die Stadt jeweils rund 30.000 Euro Kosten für Einsätze in Rechnung gestellt. Für 2016 liegen noch keine Fallzahlen vor, 2015 waren es laut Kölker 125 Fälle – also durchschni­ttlich 240 Euro pro Feuerwehre­insatz. Nennenswer­te Beträge, wie nach einem mehrstündi­gen Einsatz von 50 und mehr Einsatzkrä­ften mit Drehleiter und Einsatzfah­rzeugen angemessen, werden offensicht­lich nicht erhoben. Die Entscheidu­ng, in welchen Fällen die Feuerwehr ihre Kosten geltend machen wolle, treffe der Leiter der Feuerwehr, informiert­e Kölker.

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FOTOS: TL/SAMLA/S Die Kripo ermittelte im August, dass das Feuer in einem viergescho­ssigen Mehrfamili­enhaus an der Lindenstra­ße von einem Gast gelegt worden sei.

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