Rheinische Post Krefeld Kempen
Ein Spanier erfüllt sich seinen amerikanischen Traum
Nadal und Federer marschieren im Herrentennis vorneweg. Das Duell der Altmeister fasziniert. Eine Ablösung ist nicht in Sicht.
NEWYORK (sid) Rafael Nadal schloss die Augen und streckte nach seinem dritten US-Open-Coup die Arme in den Abendhimmel. Doch in der Stunde seines großen Triumphs stellte der spanische Tennisstar zunächst andere in den Mittelpunkt. „Ich denke an die Betroffenen von Hurrikan Irma und des Erdbebens in Mexiko. Das ist traurig für unsere Welt. Ich wünsche ihnen nur das Beste“, sagte er bei der Siegesrede.
Doch nach der Erfüllung seines amerikanischen Traums wartete auf Nadal auch ein ganz besonderer Gratulant: Im Bauch des ArthurAshe-Stadiums in New York drückte Tiger Woods den Spanier kurz an sich. Es war dem inzwischen tief gefallenen Golf-Superstar deutlich anzusehen, wie sehr ihn das besondere Comeback von Nadal in dieser Saison beeindruckte.
Dass Woods im Bauch der Arena immer wieder auf die Uhr blickte, hatte Symbolcharakter. Seine Zeit scheint abgelaufen, die im Welttennis ist längst zurückgedreht. Nadal hatte mit seinem 6:3, 6:3, 6:4 im Finale von New York gegen den Süd- afrikaner Kevin Anderson dafür gesorgt, dass sich erstmals seit sieben Jahren sämtliche vier aktuellen Major-Trophäen in den Händen des Spaniers (Paris, New York) und des Schweizers Roger Federer (Melbourne, Wimbledon) befinden.
„Es war schwierig, sich genau das vor acht, neun Monaten vorzustellen. Aber: Hier sind wir!“, sagte Nadal – und lächelte kurz. Auch der 31Jährige hatte berechtigte Zweifel daran gehabt, dass eine der faszinierendsten Rivalitäten im Weltsport eine Renaissance erleben würde. Viele hatten das kongeniale Duo schon abgeschrieben, weil der Zahn der Zeit an beiden zu nagen schien. Doch Federer und Nadal schlugen zurück. „Man konnte vielleicht erahnen, dass wir nach unseren langen Verletzungspausen wettbewerbsfähig zurückkommen. Aber nicht so“, sagte Federer, der in New York im Viertelfinale gescheitert war. Erstmals seit März 2011 belegen Nadal und der Schweizer Platz eins und zwei der Weltrangliste.
„Es wird ein sehr spannendes nächstes Jahr. Beide nehmen sich nicht viel“, meinte der im Finaleüberforderte Anderson und prophezeite: „Die größte Herausforderung für Rafael und Roger wird es sein, gesund zu bleiben“.
Auch Nadal weiß um die Faszination des ultimativen Duells. „Wir sind sehr unterschiedlich: Unsere Spielstile, unsere Charaktere“, sagte der Linkshänder. Er sieht aber auch Parallelen: „Wir wollen uns auch immer weiter verbessern und sind harte Arbeiter. Wir haben eine große Leidenschaft für das, was wir tun.“