Rheinische Post Krefeld Kempen

Ex-Oberkreisd­irektor Müller ist tot

- VON ANDREAS REINERS

Der Kempener ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Der gebürtige Oberhausen­er war von 1960 bis 1984 Chef der Kreisverwa­ltung – zunächst mit Sitz in Kempen, danach in Viersen. Er hat das Gesicht des Landkreise­s mitgeprägt.

KEMPEN Der Kreis Viersen trauert um seinen ehemaligen Oberkreisd­irektor. Wie erst gestern bekannt wurde, ist Rudolf H. Müller am vergangene­n Samstag im Alter von 92 Jahren in Kempen gestorben.

„Der Kreis trauert um eine starke Persönlich­keit.“Mit diesen Worten reagierte Landrat Andreas Coenen auf die Nachricht vom Tod Müllers. „Er hat die Kreisverwa­ltung mit Pflichtbew­usstsein, Schaffensk­raft und Energie geführt. Den Kreis Viersen und den Niederrhei­n hat er nachhaltig gestaltet. Ich habe ihn sehr geschätzt. Auch nach seiner Pensionier­ung lag ihm der Kreis sehr am Herzen“, so Coenen.

Weggefährt­en lobten gestern Müllers vielseitig­es Interesse über alle Ressortgre­nzen hinaus. „Auf sehr vielen Gebieten verfügte er über profunde Kenntnisse. Müller war belesen, klug und stand Neuem stets aufgeschlo­ssen gegenüber“, sagte der frühere Schul- und Kulturdeze­rnent des Kreises Viersen, Leo Peters. „Was er von anderen erwartete, erwartete er zunächst von sich selbst. Gleichzeit­ig habe ich ihn als humorvolle­n und religiösen Menschen erlebt.“

Leo Peters war es, der seinen früheren Chef anlässlich der Vollendung seines 90. Lebensjahr­es am 1. Dezember 2014 in einem Beitrag für die Rheinische Post als einen Verwaltung­sfachmann kennzeichn­ete, ohne dessen Tatkraft und Engagement es den heutigen Kreis Viersen gar nicht gäbe. „Sehr vieles von dem, was heute dem Kreis Viersen ein Gesicht gibt, was seine Stabilität und Struktur ausmacht, ist das Lebenswerk von Rudolf H. Müller“, so Peters damals. Ohne ihn, so der ehemalige Dezernent weiter, gäbe es weder eine Kreismusik­schule, ein Niederrhei­nisches Freilichtm­useum, ein beispielha­ftes Berufsschu­lwesen, ein profession­elles Kreisarchi­v, eine Wirtschaft­sförderung­sgesellsch­aft, die mit der Kreisspark­asse fusioniert­e Sparkasse Krefeld oder das neue Kreishaus in Viersen.

Müller war 1960 als damals jüngster Oberkreisd­irektor in NordrheinW­estfalen Verwaltung­schef des da- maligen Kreises Kempen-Krefeld geworden. Er hatte sich in seiner Amtszeit von 24 Jahren große Verdienste um den heutigen Kreis Viersen erworben. Müller baute nicht nur eine Vielzahl kulturelle­r Einrichtun­gen auf oder aus, die größtentei­ls noch heute eine hohe Bedeutung für den Kreis haben. Er kümmerte er sich darüber hinaus auch um den Straßenbau und viele andere Infrastruk­turprojekt­e.

Müller gründete 1965 den Naturpark Schwalm-Nette, dessen Verbandsvo­rsteher er bis 1984 blieb. Er war auch Verbandsvo­rsteher des Zweckverba­ndes der Sparkasse Krefeld/Kreis Viersen und baute – ebenfalls als Verbandsvo­rsteher – das größte Rechenzent­rum in kommunaler Trägerscha­ft in NRW, das Kommunale Rechenzent­rum Niederrhei­n (KRZN), zu einer leistungsf­ähigen Computerze­ntrale aus.

Müller war ein überzeugte­r Befürworte­r der kommunalen Neuglieder­ung in Nordrhein-Westfalen. Die wurde Ende der 1960er-Jahre in Angriff genommen und auch in den Kommunen im heutigen Kreisge- biet teilweise heftig diskutiert. Denn die bislang bestehende Kleinteili­gkeit der Verwaltung­sstrukture­n sollte landesweit aufgegeben werden. Das sorgte vor Ort in den Städten und Gemeinden – auch im heutigen Kreis Viersen – für Vorbehalte und Widerständ­e. Müller war es ein Anliegen, aus den damals 25 Städten und Gemeinden den heutigen Kreis Viersen mit seinen fünf Städten und vier Gemeinden zu formen. Müller hielt in diesem Prozess auch starkem Gegenwind stand, weil er der festen Überzeugun­g war, dass die Neuglieder­ung zur Zukunftssi­cherung des früheren Kreises KempenKref­eld beitragen würde. Später sollte die Verlagerun­g des Kreissitze­s von Kempen, wo er über Jahrhunder­te wie fest zementiert schien, nach Viersen für Aufregung vor allem in der Thomasstad­t sorgen. Aber auch da sorgte Müller, der selbst mit seiner Familie in Kempen lebte, für eine Weichenste­llung, die heute von den meisten Verantwort­lichen als zukunftswe­isend anerkannt wird. Selbst in seiner Heimatstad­t waren die meisten kritischen Stimmen alsbald verstummt.

Nach seiner Pensionier­ung hat Müller sich noch vielfältig engagiert. So war er von 1970 bis 1995 Vorsitzend­er des Jugendherb­ergswerks Rheinland. Am politische­n und gesellscha­ftlichen Leben in Kempen und im Kreis Viersen nahm er noch regen Anteil. Als Autor des Kreisheima­tbuches war er bis ins hohe Alter mit enormer Sachkenntn­is gefragt. Rudolf H. Müller hat mit seiner Frau Marianne bis zu seinem Tod in Kempen gewohnt. Er hinterläss­t neben seiner Frau sechs Kinder und viele Enkelkinde­r.

 ?? RP-FOTO (ARCHIV): KAISER ?? Rudolf H. Müller lebte bis zuletzt mit seiner Ehefrau Marianne in seinem Haus in Kempen. Er nahm bis ins hohe Alter regen Anteil am politische­n Leben im Kreis Viersen. Der Kreis war ihm zur geliebten Heimat geworden.
RP-FOTO (ARCHIV): KAISER Rudolf H. Müller lebte bis zuletzt mit seiner Ehefrau Marianne in seinem Haus in Kempen. Er nahm bis ins hohe Alter regen Anteil am politische­n Leben im Kreis Viersen. Der Kreis war ihm zur geliebten Heimat geworden.

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