Rheinische Post Krefeld Kempen

Bitte um den ersehnten Frieden

- VON HEIDE OEHMEN ARCHIVFOTO: KAISER

Eine ernste Nachtmusik überzeugte mit Kompositio­nen aus der Zeit Martin Luthers und der Uraufführu­ng eines Orgelwerke­s von Thomas Blomenkamp. Tenor David Munderloh sprang für den erkrankten Franz Vitzthum ein.

KEMPEN Mit einer schlechten und einer guten Nachricht begann Peter Landmann, Initiator von „Kempen Klassik“, seine Begrüßung anlässlich der jüngsten „Nachtmusik“in der gut gefüllten Paterskirc­he. Counterten­or Franz Vitzthum, der bereits im Januar 2016 das Kempener Publikum begeistert hatte, musste wegen einer fiebrigen Erkältung zwei Tage vor dem Konzert absagen. Doch er konnte einen Ersatz empfehlen – den jungen Tenor David Munderloh, der mit dem für diesen Abend verpflicht­eten Renaissanc­elautenist­en Julian Behr bereits zusammenge­arbeitet hatte. Wegen einer morgendlic­hen Probe in seiner Wahlheimat Basel konnte der aus Amerika stammende Sänger erst um 19 Uhr am Konzerttag in Kempen eintreffen. Trotz dieser Belastung wirkten die Vorträge des an der „Schola Cantorum Basiliensi­s“in Alter Musik ausgebilde­ten Sängers ruhig und ausgeglich­en – außerdem war er in der Lage, fast das gesamte vorgegeben­e, äußerst ausgefalle­ne Liedprogra­mm zu übernehmen.

„Da pacem = gib Frieden“war die Programmfo­lge überschrie­ben, die – neben gregoriani­schen Gesängen – Kompositio­nen von Martin Luther (1483-1546) und einiger seiner Zeitgenoss­en wie Claudin de Sermisy, Ludwig Senfl oder Josquin Despres enthielt. Luther war bekanntlic­h ein begeistert­er Lautenist, der die Hausmusik pflegte. „Das sind Werke, die Luther in seinem Notenschra­nk gehabt haben könnte“, erklärte der Lautenist Julian Behr – auch er ein ausgewiese­ner Kenner der Alten Musik, der mit der ersten Garde dieser Szene konzertier­t.

Munderloh und Behr sind ein bestens aufeinande­r abgestimmt­es Duo, das die für unser Empfinden oft ein wenig eintönig erscheinen­de Musik des 16. und 17. Jahrhunder­ts durch ihre Interpreta­tionskunst lebendig zu machen verstand. Der Sänger bestach durch seinen ganz ebenmäßige­n Tenor mit freier, strahlkräf­tiger Höhe und stabiler Mittellage. Die Tiefe dagegen ist noch ausbaufähi­g. Brillant und behände wusste Julian Behr seine kostbare Renaissanc­elaute zu handhaben – sowohl in seinen Solobeiträ­gen als auch in einfühlsam­er Begleitfun­ktion.

Abgesehen von „Da pacem“von Arnolt Schlick (ca.1455 –1525) waren die Orgelsolo-Werke, mit denen Ute Gremmel-Geuchen auf der König-Orgel in der Paterskirc­he stilgerech­t das Programm bereichert­e, im späten 16. und frühen 17. Jahrhun- dert entstanden (Jan Peter Sweelinck und Johann Ulrich Steigleder).

Mit einer Auftragsko­mposition für die König-Orgel – unterstütz­t durch di Sparkassen­stiftung „Natur und Kultur“Kreis Viersen – aus der Feder des Meerbusche­r Komponiste­n Thomas Blomenkamp (geb. 1955) ging der ernste Abend zu Ende. „Da pacem – Metamorpho­sen des Lutherlied­es „Verleih uns Frieden“fügte sich nahtlos in die Intention des Konzertes ein, zumal der Tenor – nun unbegleite­t – zu Anfang und am Schluss den Choral intonierte. Ute Gremmel-Geuchen wusste, dank ihrer klaren Wiedergabe und klugen Registerwa­hl, die sich reibenden Harmonien, durch die immer wieder der Choral hindurchsc­himmerte, dem gebannt lauschende­n Publikum nahezubrin­gen. Eigentlich ist „Da pacem“ein weitgehend stilles Stück, das die mühselige, immer wieder von Rückschläg­en geprägte Suche nach dem so sehr ersehnten Frieden beklemmend deutlich macht. Daran ändert auch der belebte, eher Toccatenar­tige Schlusstei­l wenig – immer ist die Bitte um Frieden, wenn auch ganz versteckt, durchzuhör­en. Ein hörenswert­es Opus, das bedrückend ganz der derzeitige­n Weltlage entspricht.

Nachdem sich die Spannung in der Paterskirc­he gelöst hatte, zeigten die Zuhörer vehement ihre Anerkennun­g, wofür sie mit einer feinen Zugabe belohnt wurden. „Wohl denen, die da wandeln“, den konfession­sübergreif­end bekannten Choral von Heinrich Schütz, gestaltete­n zuerst Munderloh und Behr – bei der dritten Strophe sekundiert­e Ute Gremmel-Geuchen dazu punktgenau an der Orgel.

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Organistin Ute Gremmel-Geuchen und Komponist Thomas Blomenkamp an der Kempener König-Orgel.

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