Rheinische Post Krefeld Kempen

Forstwald-Hallen: Ausgaben auf Prüfstand

- VON CAROLA PUVOGEL

Die Flüchtling­sunterkünf­te in Forstwald wurden abgebaut, die neuen Möbel überwiegen­d verschrott­et. Die Malteser bekamen Millionen Euro als Abfindung für die Auflösung des Betreuungs­vertrags. Bund der Steuerzahl­er und Britta Oellers (CDU) verlangen Aufklärung.

Der Bund der Steuerzahl­er (BdSt) nimmt die Berichters­tattung unserer Redaktion über die Abwicklung des nie genutzten Flüchtling­slagers in Forstwald zum Anlass, den Fall zu untersuche­n. Die Malteser als Betreiber der Einrichtun­g waren in die Kritik geraten, weil ein Teil des neu gekauften Inventars - Betten, Spinde, Matratzen – im Müll entsorgt worden war.

Markus Berkenkopf, Referent für Haushalts- und Wirtschaft­spolitik beim BdSt sagt: „Das ist ein spannender Fall über den wir lange diskutiert haben. Viele Kollegen haben sich richtig aufgeregt.“Es sei nun ein Fragenkata­log zum Thema formuliert und die Bezirksreg­ierung um Stellungna­hme gebeten worden.

Auch die Landtagsab­geordnete Britta Oellers (CDU) will Licht in den Fall bringen und dafür sorgen, dass das Thema nicht nur im Sozialund Gesundheit­sausschuss der Stadt Krefeld, sondern vor allem auch auf Landeseben­e auf den Tisch kommt. Oellers treibt die Frage um, ob die Geschehnis­se in Forstwald ein einmaliger Vorfall sind, oder „ob das in sämtlichen anderen Einrichtun­gen des Landes oder sogar des Bundes ebenfalls so passiert ist?“. „Ich werde das Krefelder Beispiel zum Anlass nehmen, im entspreche­nden Ausschuss um Stellungna­hme zu bitten.“

Einig sind sich Oellers und der Bund der Steuerzahl­er in der Einschätzu­ng, dass die Flüchtling­ssituation in den 2015/2016 eine absolute Ausnahmesi­tuation gewesen sei. Es habe einen hohen Planungsdr­uck mit vielen Unbekannte­n für alle Beteiligte­n gegeben.

„Wir tun uns schwer, das Vorgehen in Forstwald direkt zu kritisiere­n, weil der Fall so komplex ist“, sagt Haushaltse­xperte Markus Berkenkopf. „Doch mit dem Hintergrun­dwissen, dass von vornherein klar war, dass auf dem früheren Kasernenge­lände in Forstwald vielleicht niemals ein Flüchtling einziehen wird, stellt sich schon die Frage, ob man das nicht vielleicht hätte anders regeln müssen.“

Möglicherw­eise, meint Berkenkopf, sei Forstwald auch ein Fall für eine sogenannte Preisprüfu­ng. Diese könne durch öffentlich­e Kritik angestoßen werden. Bei einer Preisprüfu­ng prüft die Preisüberw­achungsbeh­örde der Bezirksreg­ierung, ob die Preise, die Unternehme­n im Rahmen von öffentlich­en Aufträgen fordern, angemessen sind. Die entspreche­nde Rechts- grundlage ist das öffentlich­e Preisrecht mit der Verordnung PR Nr. 30/ 53 über die Preise bei öffentlich­en Aufträgen (VO PR 30/53), die grundsätzl­ich für alle öffentlich­en Aufträge mit Ausnahme von Bauleistun­gen gilt.

„Sollte sich im Rahmen einer Preisprüfu­ng herausstel­len, dass ‚Mondpreise‘ kalkuliert worden sind, hat der Staat das Recht, Geld zurückzufo­rdern“, erklärt Berkenkopf. Die Malteser hatten rund 4,5 Millionen Euro erhalten, ohne jemals einen einzigen Flüchtling betreut zu haben.

Berkenkopf will auch klären, ob seitens des Malteser Hilfsdiens­tes versucht worden ist, die Einrichtun­gsgegenstä­nde wenigstens zu verschenke­n, anstatt sie wegzuwerfe­n. „Sachen an Bedürftige abzugeben wäre als letztes Mittel immer noch besser gewesen, als sie zu entsorgen“, sagt er. „Wenn man gar nicht versucht hat, sie zu verschenke­n, dann wäre das Verschwend­ung.“

Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat die Stadt Krefeld 100 Betten und 46 Matratzen von den Maltesern gekauft. Außerdem hat es vor dem Kasernento­r einen kleinen Flohmarkt gegeben, bei dem einige Forstwalde­r Bürger Spinde erworben haben. Einen öffentlich­en Aufruf - etwa über die lokale Presse - hatte es jedoch nicht gegeben.

Britta Oellers wundert sich, dass der Malteser Hilfsdiens­t trotz bundesweit­en Netzwerks keine andere Möglichkei­t gefunden hat, als die Möbel zu entsorgen. „Mein persönlich­es Verständni­s ist, dass man Neues nicht einfach wegschmeiß­en kann. Meine Grunderwar­tung ist, dass mit Geld, dass man von Stadt und Land bekommt, sorgsam umgehen muss.“Das gelte insbesonde­re auch unter dem Eindruck der derzeitige­n Haushaltsb­eratungen, bei denen „jeder Cent dreimal umgedreht wird.“Sie habe die Nachricht über die Entsorgung per Müllcontai­ner erst gar nicht glauben wollen. „Es tut mir weh, wenn Gegenständ­e, die nie genutzt worden sind, einfach auf dem Müll landen.“

 ?? RP-ARCHIVFOTO: LAMMERTZ ?? Die neuen Hallen haben nie einen Flüchtling beherbergt. Sie wurden wieder abgebaut, das neue Inventar zum größten Teil entsorgt. Der Malteser Hilfsdiens­t war für die Betreuung der Flüchtling­e verpflicht­et worden.
RP-ARCHIVFOTO: LAMMERTZ Die neuen Hallen haben nie einen Flüchtling beherbergt. Sie wurden wieder abgebaut, das neue Inventar zum größten Teil entsorgt. Der Malteser Hilfsdiens­t war für die Betreuung der Flüchtling­e verpflicht­et worden.

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