Rheinische Post Krefeld Kempen
Runde Zimmer mit Aussicht
Seit zwölf Jahren leben Peter und Käthe Day in der Wackertapp-Mühle am Ortsrand von St. Hubert. Zuvor stand das Gebäude aus dem Jahr 1842 zehn Jahre lang leer. Die Days haben dem Denkmal neues Leben eingehaucht.
ST. HUBERT Als Peter und Käthe Day die Wackertapp-Mühle im Kempener Stadtteil St. Hubert zum ersten Mal besichtigt haben, war das Gebäude im Inneren grün. „Es gab ein massives Feuchtigkeitsproblem“, erinnert sich Peter Day. Der Fotodesigner mit eigener Werbeagentur und die WDR-Redakteurin ließen sich von diesem ersten Eindruck nicht schrecken. Sie kauften die alte Mühle mit Scheune, Turm und Anbau am Ortsrand. Wer heute durch das Gebäude geht, weiß auch warum. kann. „Nach dem Putz kamen die Außenfugen an die Reihe“, erzählt Day, der heute noch den Kopf schüttelt, wenn er daran denkt, wie viel Arbeit das war.
Aber es hat sich gelohnt: Die Mühle hat kein Feuchtigkeitsproblem mehr, die alten Holzbalken an der Decke haben sich erholt und sind nicht morsch und die Days wohnen wirklich sehr besonders. Der weiß gestrichene, viergeschossige Turm ragt schon von weitem zwischen Ackerflächen und hohen Bäumen empor. Flügel hat die Mühle keine, dafür aber Fenster in alle vier Himmelsrichtungen, so dass man aus ein und demselben Zimmer morgens den Sonnenaufgang und abends den Sonnenuntergang sehen kann.
Im Erdgeschoss des Mühlturms hat Peter Day seine Agentur. Im ehemaligen großzügigen Schuppen, der sich daran anschließt, hat der Hausherr seit einiger Zeit eine Anlage stehen, mit deren Hilfe er Obstbrände und Edelgeiste brennt. „mühle4“heißt die Marke, die schon einige Liebhaber gefunden hat. Weit weg ist Day damit nicht vom Ursprung, denn der Schuppen diente einst als Lagerhalle für Schrot und Korn, das die Bauern aus der Umgebung zur Mühle brachten. „Viele Dokumente gibt es nicht“, sagt der 54-Jährige bedauernd, „aber fest steht, dass die Mühle 1842 gebaut wurde und als Gesellschaftsmühle genutzt wurde.“Bis in die 1960er-Jahre hinein sei in der Mühle noch Mehl gemahlen worden. „Flügel hatte der Turm damals schon nicht mehr, denn die Mühle wurde mit Dampf betrieben“, weiß Day. Der letzte Müller Johann Wackertapp hat die Mühle 1901 gekauft. Als er sein Geschäft einstellte, vermietete die Familie das Gebäude. Der erste Mieter war gleich ein Prominenter. „Männekes“-Maler und Gründer des Kempener Moses-Verlags, Jürgen Pankarz, zog in den Turm. Von 1966 bis 1994 lebte der Grafiker und Illustrator mit seiner Familie in der Wackertapp-Mühle und baute sie aus. „Er hat auch das Bad und die Küche in der ersten Etage angebaut“, erzählt Day.
Bad und Küche sind die einzigen Räume mit mehr oder weniger geraden Wänden. Für Herd, Kühlschrank, Unter- und Hängeschränke habe sich das als sehr praktisch erwiesen, gibt der heutige Besitzer zu. „In den anderen Turmräumen haben wir tatsächlich keine Schränke“, sagt Day, der das aber nicht schlimm findet, denn das Ehepaar liebt es sachlich. In den Zimmern stehen nur wenige, schlichte aber stilvolle Möbel. „Die Räume sind schon so besonders, die vertagen keine Konkurrenz durch große, aufwendige Möbel“, finden die Bewohner. Etwa 200 Quadratmeter Wohnfläche stehen den Days auf den drei Wohnetagen im Turm zur Verfügung. Von der angebauten Küche aus, die außen mit Holz verkleidet ist, führt eine Türe auf eine großartige Dachterrasse, die einmal um den kompletten Turm führt.
Auch wenn die Sanierung der Mühle eine echte Herausforderung war, die Arbeiten immer noch nicht alle erledigt sind und der Erhalt des Gebäudes viel Geld kostet – alle fünf Jahre muss der Turm neu gestrichen werden, und das geht nicht ohne Gerüst – würde das Ehepaar die Mühle sofort wieder kaufen. „Das Haus hat eine Geschichte und wir sind jetzt ein Teil davon. Das ist schön“, finden die Eigentümer.