Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Spezialisten für das Besondere
Sehr vermögende Menschen haben hohe, aber auch komplexe Ansprüche, wünschen zum Beispiel eine Betreuung aus einem Guss. Family Offices bieten genau das – wobei sich der Markt gerade sehr verändert. Ein Einblick in eine Branche mit ganz speziellen Voraussetzungen.
Sie gelten als die Spezialisten, wenn es um die Betreuung sehr vermögender Kunden geht: Family Offices regeln mehr als nur die Vermögensverwaltung. Sie sind Ansprechpartner für viele Belange der Familie, die häufig als Eigentümerin eines Unternehmens zu Wohlstand gekommen ist. In der Praxis übernimmt mehr als einmal ein Finanzexperte aus dem Unternehmen die Funktion, auch die Privatangelegenheiten der Eigentümerfamilie zu betreuen. Wenn diese Funktion ausgegliedert wird, entsteht daraus oft ein Family Office.
Heute ist der Markt sehr vielfältig. Der Begriff ist nicht klar definiert. Banken bieten Family Office-Dienstleistungen ebenso an wie Vermögensverwalter und andere Finanzdienstleister. Und der Markt wandelt sich unter dem Einfluss von Digitalisierung und anderen globalen Faktoren ebenso wie alle Branchen. Zeit, einmal mit Experten aus dem Segment zu sprechen, die Hintergründe zu erhellen und Trends aufzuzeigen. Sechs ausgewiesene Spezialisten tauschten sich beim RP-Finanzforum „Family Offices“aus, um genau diesen Themen nachzugehen.
Manche Dienstleistungen sind heute günstiger als früher zu bekommen, stellt Dr. Maximilian A. Werkmüller fest. Die Digitalisierung ermögliche zum Beispiel leistungsfähige Finanzplanungs-Tools zu kleinen Preisen. Bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Lohr + Company betreut Werkmüller, der sich insbesondere im Erbrecht gut auskennt, vermögende Familien und Einzelpersonen. Eine weitere Beobachtung: „Die Grenzen zwischen Vermögensverwalterund Family Office-Mandaten verschwimmen.“
Sascha Servos vom Deutsche Oppenheim Family Office erkennt mehrere Trends, die die Branche beeinflussen. Als Leiter Beratung und Betreuung im Family Office berät er auch sehr vermögende Mandanten, die so genannte Single Family Offices gegründet haben, also Einheiten die sich nur um das jeweils eigene Vermögen kümmern (im Unterschied zu Multi Family Offices, die für mehrere Mandanten arbeiten). Single Offices sind für ihn keine Konkurrenten, sondern Kunden: „Die hochvermögenden Familien lagern oft einzelne Dienstleistungen, wie beispielsweise Reporting & Controlling oder die Asset-Allokation-Beratung, an größere Family Offices wie die Deutsche Oppenheim Family Office aus.“
Für ein „Komplettpaket“sieht Servos ein Vermögen von 20 bis 30 Millionen Euro als Untergrenze an – auch laut Jörg Eigelshoven eine sinnvolle Begrenzung: „Bei verschiedenen Anlagemöglichkeiten gibt es Eintrittsbarrieren. Daher sind Untergrenzen notwendig“, sagt der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater aus der Prüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton.
Viele Vermögende wechseln zu Family Offices, bemerkt Werkmüller, auch weil es den klassischen Bankier, der diese Tätigkeit früher ausübte, heute fast nicht mehr gebe. Bleibt die Frage der Auswahl: Jeder könne Family Office-Dienstleistungen anbieten, „der Begriff ist nicht gesetzlich geschützt“.
Wie kann man da Qualität finden und definieren? „Wichtig ist, dass man Experten nimmt, die das Know-how und ausgewiesene Erfahrung haben“, empfiehlt Michael Sievers, Managing Partner bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft Rhein Asset Management, die auch Family OfficeDienste anbietet. „Die Experten sollten sich mit Finanzplanung auskennen und über steuerliches und rechtliches Know-how verfügen sowie über Kenntnisse des Kapitalmarktes“, präzisiert Servos. Der Kunde brauche einen „strategischen Ansprechpartner“.
Dass Spezialisten aus Banken und anderen Finanzdienstleistern kommen, sage allein noch wenig über ihre Qualitäten aus, schränkt Eigelshoven ein. Die Umbrüche in der Branche haben manche Banker veranlasst, sich ein neues Tätigkeitsfeld zu suchen. Ob sie allerdings zum Beispiel bei Investitionen besser entscheiden als in der früheren Bankstruktur, sei offen, „das ist auch eine Frage der Disziplin“.
Ob ein Family Office als gut zu bezeichnen ist, sei indes schwer zu beantworten, räumt Werkmüller ein. „Das ist auch eine längerfristige Angelegenheit.“Unternehmer haben bereits Berater, Family OfficeSpezialisten können ihnen zusätzliche Leistungen anbieten. Letztlich ist es dann der Kunde, der entscheidet, ob er alles aus einer Hand haben will oder auf ein Netzwerk setzt.
Sievers verweist auf weitere Unterschiede: Manche Mandanten wollen alle Entscheidungen delegieren, andere suchen einen Sparringspartner, wollen aber selbst entscheiden. Auf all dies sind die Family Offices vorbereitet. Auch bei den Family Office-Spezialisten gibt es eine große Bandbreite. Einige suchen selbst wiederum die Zusammenarbeit mit anderen Experten, zum Beispiel aus einer Kanzlei. Das jedenfalls beobachtet der Rechtsanwalt Holger Stabenau, Partner bei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner.
Allerdings gibt es bei der Zusammenarbeit Grenzen, zum Beispiel beim Thema Empfehlungen: „Wir können als kritischer Freund begleiten, aber Empfehlungen sind für einen Anwalt schwierig.“Nicht nur aus Gründen der vom Rechtsanwalt zu wahrenden Vertraulichkeit, sondern auch, weil sich die Mandanten von Bedarf, Höhe des Vermögens oder gewünschter Form des Einflusses unterscheiden. Für Stabenau spielt daher der Netzwerk-Gedanke eine wichtige Rolle – im Netzwerk kön- nen die passenden Partner zusammenfinden, insbesondere in einem überschaubaren Umfeld wie Düsseldorf. „Und hier sind wir zu Hause“, fügt der Anwalt hinzu.
Von einer ganz anderen Seite geht Tim Daum an das Thema heran. Daum ist Managing Partner bei dem Unternehmen Veltracon Lifestyle, das seinen Klienten Produkte und Dienstleistungen rund um Aspekte des allgemeinen Lebens wie Automobile, Urlaub, Transport, Events, Luxus oder klassischen Concierge Service anbietet und auch mit Family Offices zusammenarbeitet. Wie diese kommt Daum in intensiven Kontakt mit seinen Klienten und stellt fest: „Der Kunde will einen Ansprechpartner haben, auch zum Beispiel für Themen wie Sicherheit oder die Auswahl eines PrivatjetAnbieters. Wir sind da die Problemlöser.“
Bei allen Themen, ob Finanzierung oder anderen Fragen, haben die sehr vermögenden Menschen nach seiner Beobachtung hohe Ansprüche, erwarten zum Beispiel, dass man ihnen Zugänge zu Anlageobjekten oder auch Veranstaltungen verschafft, die allgemein nicht zugänglich sind.
Genau hierin liege auch der Mehrwert eines Family Office, bestätigt Werkmüller. Solche Dienstleistungen erbringe die Bank einfach nicht. Wenn hingegen der Family Officer auch in alltäglichen Lebenssituationen persönlich hilft, ein Familienmitglied zum Beispiel vom Flughafen abholt, „dann wird das sehr hoch geschätzt“. Ebenso – ergänzt Servos – wenn man die Familie dabei unterstützt, die Kinder an Vermögensfragen heranzuführen. Die Experten können einige solcher Beispiele zitieren. „Es ist ein willkommenes i-Tüpfelchen, wenn man Mandanten in solch persönlichen Fragen oder auch Schwierigkeiten unterstützen kann“, sagt Servos.