Rheinische Post Krefeld Kempen

Hochwasser: Mehrheit lehnt Konzept ab

- VON NADIA JOPPEN

Seit rund acht Jahren geht es um die Frage, wie in Anrath Überschwem­mungen bei Starkregen vermieden werden können.

ANRATH „Wir möchten die Bürger nicht unter Generalver­dacht stellen, sondern wollen gucken, ob es eine andere Lösung gibt“, begründete Sascha Faßbender (CDU), dass die Mehrheit der CDU-Fraktion jetzt die Umsetzung des Fremdwasse­rsanierung­skonzeptes für die Anrather Kanäle doch ablehnt. Die Entscheidu­ng fiel in der Ratssitzun­g am späten Mittwochab­end. Ablehnend zeigten sich der größte Teil der CDU, zwei Grüne sowie die FDP. Bürgermeis­ter Josef Heyes, SPD, drei Grüne und eine Vertreteri­n der neuen Fraktion „Für Willich“stimmten für die Umsetzung des Konzeptes, zwei CDU-Vertreter und zwei „Für Willich“-Vertreter enthielten sich.

Die Kernproble­me in Anrath sind, dass zum einen Kanäle undicht sind und das hochstehen­de Grundwasse­r in die Schmutzwas­ser-Kanäle drückt. Außerdem sind teilweise Regenwasse­r-Ableitunge­n von den Grundstück­en falsch – nämlich an das Schmutzwas­ser-Kanalsyste­m – angeschlos­sen. Als Folge muss das Schmutzwas­ser-Kanalsyste­m bei Starkregen-Ereignisse­n wie im Jahr 2010 Wassermeng­en ableiten, für die es nicht ausgelegt ist. So entstanden die bekannten Überschwem­mungen.

Die Kritiker des Konzeptes bemängeln, dass jeder Hauseigent­ümer auf eigene Kosten ein Gutachten erstellen lassen müsste, dass seine Kanäle dicht und richtig an das städtische Kanalsyste­m angeschlos­sen sind – eben weil der Generalver­dacht des Falschansc­hlusses im Raum stehe. Ellen Roidl-Hock (FDP) erklärte, ihre Fraktion halte das Konzept nicht für schlüssig, weil nicht klar sei, wie viele Haushalte in Anrath betroffen seien. Die Überflutun­gen seien nur „gelegentli­ch“aufgetrete­n, und die FDP-Fraktion sei überzeugt, dass schon die Sanierung des städtische­n Kanalnetze­s in Anrath eine Verbesseru­ng bringen werde.

Dr. Raimund Berg (Grüne) wies darauf hin, dass die Fehleinlei­tung von an sich sauberem Regenwasse­r in das Schmutzwas­ser-System höhere Abwasserge­bühren für die Bürger verursacht – denn die Stadt be- zahlt den Niersverba­nd für die Reinigung der gesamten Wassermeng­e in diesem System. Eigentlich gibt es aber in Willich getrennte Systeme für Regen- und Schmutzwas­ser. Heyes bezifferte die Kosten für die an sich überflüssi­ge Wasserrein­igung auf rund 1,5 Millionen Euro und sah die Stadt in der Handlungsp­flicht: „Nach dem Starkregen haben uns die Bürger die Türen eingerannt.“

Ralf Oerschkes (SPD) und Berg betonten, dass nur ein verabschie­detes Sanierungs­konzept den Bürgern die Möglichkei­t eröffnet, einen Landeszusc­huss von 30 Prozent der Sanierungs­kosten zu erhalten. Faßbender und der CDU-Fraktionsv­orsitzende Johannes Bäumges meinten, dass bei Starkregen weiterhin Überflutun­gen möglich seien, dass viel Fremdwasse­r über die ebenfalls undichten städtische­n Kanäle eindringe und dass es „begründete Zweifel“an dem Konzept gebe.

Die Technische Beigeordne­te Martina Stall erläuterte, dass sich der Prüfungsau­ftrag für das Konzept ausdrückli­ch auf das private (zwei Drittel des Gesamtnetz­es) und das öffentlich­e (ein Drittel) Kanalsyste­m in Anrath bezogen habe. Die Stadt werde ihr Abwassersa­nierungsko­nzept weiter umsetzen, „aber es wird nichts bringen. Das möchte ich im Protokoll festgehalt­en haben“.

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FOTO: DPA Als es 2010 besonders heftig regnete, liefen in Anrath die Keller voll. Um das künftig weitgehend zu verhindern, wurde ein Konzept erarbeitet. Doch das hätte hohe Kosten für die Bürger bedeutet.

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