Rheinische Post Krefeld Kempen
Wohlstandsopfer wird Wohltäter
Komödie mit viel Empathie: In „Dieses bescheuerte Herz“ist Elyas M’Barek von Beruf Sohn. Bis er die Menschenliebe entdeckt.
„Ich räum’ das morgen auf, okay?“, sagt der Sohn zum Vater, nachdem er mit dem Audi Cabriolet durch die Wand der Garage gerast ist und den Wagen im Pool versenkt hat. Lenny Reinhard (Elyas M’Barek) ist ein verwöhntes Ärztesöhnchen: Studium abgebrochen, jeden Abend Party, Kreditkarte mit Zugang zu Papas prallem Konto. Aber damit ist nach dem Unterwasser-Parkmanöver Schluss. Der Vater dreht den Geldhahn ab und verlangt, dass er sich um einen 15-jährigen Patienten
Das Schöne an Elyas
M’Barek ist diese Mischung aus Coolness
und Grundwärme
kümmert, der seit seiner Geburt an einem schweren Herzfehler leidet und nicht weiß, ob er seinen nächsten Geburtstag erleben wird. Da Lenny Ideen wie jene, sich eine Arbeit zu suchen, vollkommen fremd sind, lässt er sich auf die ehrenamtliche Verpflichtung ein.
Wie Falschgeld steht er in seiner schwarzen Designer-Lederjacke im Kinderhospiz, wo David (Philip Noah Schwarz) tagsüber betreut wird und Schulunterricht bekommt. „Wer hat sich denn den Scheiß ausgedacht?“, sagt Lenny sichtlich empört. Warum soll man zur Schule, wenn man sowieso bald stirbt? Solche unsensiblen Sprüche gefallen David, der von seiner allein erziehenden Mutter Betty (Nadine Frietz) Zeit seines Lebens überfürsorglich betreut wird.
Wie es ihm vom Vater aufgetragen wurde, lässt Lenny seinen neuen Schützling eine Wunschliste schreiben, die sie zusammen abarbeiten. Neben materiellen Dingen, die am ersten Tag auf einer Shopping-Tour erledigt werden, stehen auch Wünsche darauf wie „Einen Sportwagen fahren“, „Einen Song aufnehmen“, „Ein Frau nackt anschauen“, „Ein Mädchen küssen“oder „Mutti glücklich machen“. Da Lenny sich ja dem Erwachsenwerden bisher erfolgreich entzogen hat, sind ihm die Wünsche des Jungen nicht fremd. Das Auto des nervigen Nachbarn für eine Spritztour klauen, Besichtigungstermine in der Peep-Show, eine Aufnahme im Tonstudio organisieren – so was hat der Münchner Lebemann drauf. Nur mit der Verantwortung hapert es noch ein bisschen, wenn David wieder einmal umkippt und die Sauerstoffflasche unauffindbar schon.
Da kann man sich in einem Film wie diesem ganz sicher sein. Denn auch wenn Marc Rothemunds „Dieses bescheuerte Herz“auf den „wahren Begebenheiten“beruht, die Daniel Meyer und Lars Amend in ihrem gleichnamigen Buch festgehalten haben, sind die Gleise einer rührseligen Läuterungsdramturgie hier gut sichtbar verlegt. Natürlich bereichern sich geplagter
ist. Aber das wird Herzpatient und verwöhntes Wohlstandsopfer gegenseitig in unentwegter Weise und das Helfen hilft dem Helfer endlich ein wenig Sinn in sein zielloses Lasterleben zu bringen. Wirkliche Konflikte kommen im Aufeinanderprallen der beiden Lebenswelten nicht auf und dass Deutschlands Sympathieträger Nummer Eins Elyas M’Barek eigentlich ein ganz feiner Kerl mit dem Herz am rechten Fleck ist, haben wir schon ein kleines bisschen geahnt. M’Barek spielt die Rolle mit seiner typischen Mischung aus Coolness und Grundwärme.
Klar schaut man ihm dabei gerne zu. Aber durch seine enorme Popularität ist er auch schon zu einer Marke geworden, die keine Risiken eingeht, um die Kundschaft nicht zu vergraulen. Unfreiwillig dominiert er durch seine öffentliche Aura den Film und auch das überschaubar strukturierte Drehbuch von Maggie Peren und Andi Rogenhagen
Deutschland 2017 – Regie: Marc Rothemund, mit Elyas M’Bayek, Philip Schwarz, Uwe Preuss, 102 Min.
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