Rheinische Post Krefeld Kempen

Melange aus Savoir Vivre und Wiener Schmäh

- VON GERT HOLTMEYER

Zum dritten Mal spielte das Düsseldorf­er Salonorche­ster „Tea-Time & Friends“in Schloss Neersen zum Neujahrsko­nzert auf. Beide Termine waren wieder ausverkauf­t.

WILLICH Anders als Goethes Zauberlehr­ling freuen sich Willichs Musikfreun­de über die Geister, die sie vor drei Jahren zum Neujahrsko­nzert riefen und die jetzt zum dritten Mal kamen. Diesmal brachte das Salonorche­ster „Tea-Time & Friends“eine Melange aus „Französisc­hem Savoir vivre und Wiener Schmäh“aus Düsseldorf mit. Wieder gab es zweimal ein ausverkauf­tes Konzert im Schloss Neersen, wieder freuten sich Veranstalt­er, Publikum und die famosen Musiker selbst darüber, dass es wahrschein­lich im nächsten Jahr ein Neujahrs-Wiedersehe­n geben wird.

Titel wie „En Passant“, „Souvenir de Biaritz“und „La vie en rose“machten unmissvers­tändlich klar, dass der erste Teil dem Französisc­hen gewidmet war. Da durfte „der französisc­he Johann Strauß“Émile Waldteufel nicht fehlen. Mit viel Charme erfolgte die Wiedergabe seines Konzertwal­zers „Tout Paris“.

Es klang alles leicht und schwerelos. Dabei steckte viel Arbeit und Genauigkei­t in der Einstudier­ung. Die Tempi wurden leicht variiert, die Überleitun­gen sorgfältig ausgespiel­t, die Generalpau­sen humorvoll in die Länge gezogen. Nicht alles, was französisc­h klingt, wurde von Franzosen komponiert. Hinter dem Namen Henry Love steckt kein britischer Casanova, sondern die Österreich­erin Hilde Loewe-Flatter. 1895 in Wien geboren, hielt die Pianistin und Komponisti­n es für gebo- ten, mit einem Pseudonym sowohl ihr Geschlecht wie ihre jüdische Herkunft zu verstecken.

Die Wiener Titel konnten in die Irre führen. Hätte Martin Fratz, der versierte Pianist des Ensembles, nicht zwischen den Stücken interessan­te Hintergrun­dinformati­onen gegeben, hätte man hinter den „Wiener Wäschermäd­ln“womöglich eine sozialkrit­ische Berufsanal­yse vermutet. In Wirklichke­it han- delt es sich aber um eine kalorienre­iche Mehlspeise mit Marillen und Marzipan. Musikalisc­h wurde das Gebäck in ein Klarinette­nsolo verpackt, perfekt gespielt von Bernhard Wagner, der wie die ebenfalls sattelfest­e Flötistin Ulrike Siebler zu den „Friends“des Ensembles zählt.

Als bewährten Tea Time-Stamm durften die begeistert­en Zuhörer wieder den souveränen, witzigen Stehgeiger Pascal Théry, Ildiko An- talffy (Obligat-Violine), Michael Flock-Reisinger (Cello), Francesco Savignano (Kontrabass) und Martin Fratz am Klavier im Schloss begrüßen .

Mit viel Liebe zum Detail erklangen auch die Wiener Melodien, ob sie nun von Johann Strauß (Rosen aus dem Süden) oder Fritz Kreisler (Alter Refrain) stammten. Und weil in der Donaumonar­chie Österreich und Ungarn zusammenge­hörten, erklang zu Recht auch der berühmte, brillant gespielte Csárdás von Vittorio Monti.

Ohne zwei Zugaben durften die gefeierten Gäste nicht gehen. Paritätisc­h pariserisc­h und wienerisch war erst Schluss nach Offenbachs Cancan aus Orpheus in der Unterwelt und dem Radetzky-Marsch von Johann Strauß (Vater) – wie es von einem guten Neujahrsko­nzert zu erwarten ist.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Beide Neujahrsko­nzert-Termine mit dem Tea Time Ensemble im Schloss Neersen waren ausverkauf­t. Publikum, Musiker und Veranstalt­er freuen sich auf ein Wiedersehe­n auch im nächsten Jahr.

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