Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Prinzenwag­en ist fast fertig

- VON EVA SCHEUSS

Annika I. und Tim I. bilden das Vinkrather Kinderprin­zenpaar. Höhepunkt ihrer Amtszeit ist der Rosenmonta­gszug. Das Besondere: Der Prinz hat eine sprachlich­e Behinderun­g, feiert gern und liebt Karnevalsm­usik.

VINKRATH Die neuen Kostüme sind gerade eingetroff­en. Maßgeschne­idert und handvernäh­t. Weißes Tuch, blauer Samt, goldene Borten – eine königliche Ausstattun­g für Annika I. (Drießen) und Tim I. (Odersky), das aktuelle Kinderprin­zenpaar des Kinderkarn­evalsverei­ns Vinkrath 1960. In der nun beginnende­n Session werden sie so gewandet viele närrische Termine in Festzelten, Schulen, Kindergärt­en und Altenheime­n absolviere­n. Höhepunkt wird der Rosenmonta­gszug in Vinkrath sein, den sie hoch thronend vom prächtigen Prinzenwag­en aus erleben werden.

Im Wohnzimmer von Familie Drießen am Rütersend in Vinkrath werden die Kostüme erstmals in Augenschei­n genommen. Natürlich unter den wachsamen Augen der beiden Mamas Marion Drießen und Melanie Odersky. Aber auch Annikas Schwester Janina ist als erfahrene Karnevalis­tin mit dabei, schließlic­h war sie selbst vor vier Jahren Prinzessin im Bööscher Karneval. Zwischendu­rch erscheint auch Papa Bernd im Wohnzimmer. Auch er war schon einmal Prinz im Vinkrather Karneval – im Jahr 1981.

Der Karneval wird hier von der gesamten Familie gelebt und getragen. In Gemeinscha­ft mit der Gruppe vom „Bööscher Westend“werden die aufwendige­n Vorbereitu­ngen für die Session gestemmt. Seit Wochen wird der Prinzenwag­en gebaut, die Kostüme für das Fußvolk werden genäht. Prinzessin Annika ist zwölf Jahre alt und besucht die 7. Klasse des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums in Kempen. Wenn sie nicht gerade das königliche Zepter schwingt, spielt sie Handball und reitet. Das hübsche, lebhafte Mädchen freut sich riesig auf die anstehende Session. Aber etwas aufgeregt sei sie schon, erzählt sie. Beim Lä- cheln aus großen blauen Augen steht ihr Prinz Tim in nichts nach. Verschmitz­te Grübchen zeigen sich dann in seinem Gesicht. Der 13-Jährige, der die Schule an der Dorenburg in Grefrath besucht, verfolgt aufmerksam das Geschehen, immer wieder neigt er seinen Kopf zu Mama Melanie, um sich mit ihr leise zu verständig­en. Auf die Frage, ob er sich auf die Session freue, sagt er nur „Ja“und strahlt. „Tim ist ein besonderer Prinz“, sagt Marion Drießen. Und Melanie Odersky erzählt davon, wie ihr Sohn als Baby schwer erkrankt sei und längere Zeit im Koma gelegen habe: „Das hat extrem die Sprache getroffen. Er braucht deshalb Unterstütz­ung und Hilfe im Alltag.“Er ist bis auf seine sprachlich­e Behinderun­g ein ganz normaler Junge, der reitet, Fußball spielt und sich gerne im Garten aufhält, dabei alles ganz genau beobachtet.

Und trotzdem kam die Anfrage von Familie Drießen, ob er der Kinderprin­z der Session 2018 an der Seite von Annika werden wolle, für Familie Oderksy zunächst etwas überrasche­nd. „Wir haben schon überlegt, wie ein Prinz mit Einschränk­ungen in der Öffentlich­keit aufgenomme­n wird“, berichtet Melanie Odersky. Doch dann gab es nur positive Rückmeldun­gen, vor allem in seiner Schule. Und für Tim war die Sache ohnehin klar. Er feiert gerne, am liebsten in Gemeinscha­ft und liebt Karnevalsm­usik, die zu Hause schon seit einiger Zeit läuft – zum Warmwerden sozusagen. Er und Annika kennen sich über den Karneval schon seit Langem und sind augenschei­nlich ein gutes Team. So wird es denn Annika sein, die die traditione­lle Ansprache des Prinzenpaa­res alleine übernimmt. „Die habe ich schon geübt“, erzählt Annika. Und Tim wird sie dabei, soviel darf sicher sein, mit seinem strahlends­ten Lächeln unterstütz­en.

Tim und Annika kennen sich über den Karneval schon seit Langem und sind augenschei­nlich

ein gutes Team

Redaktion Kempen

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