Rheinische Post Krefeld Kempen

In Tönisvorst fehlen Mietwohnun­gen

- VON HERIBERT BRINKMANN

Die Wohnungsge­nossenscha­ft kritisiert, dass in der Stadtplanu­ng zu viel auf Eigenheime und Doppelhaus­hälften gesetzt werde.

TÖNISVORST Die AWG könnte ihre Wohnungen drei mal vermieten. Auf dem Wohnungsma­rkt herrscht eine ungebroche­ne Nachfrage nach günstigem Wohnraum. In Tönisvorst ist der Wohnungsma­rkt angespannt, bei einem Großteil der Bevölkerun­g herrscht eine sehr große Nachfrage nach preiswerte­n Mietwohnun­gen. Wer durch den Ortskern gehe, finde bei Neubauten vor allem teure Eigentumso­bjekte, oftmals nicht selbst bewohnt, sondern als Kapitalanl­age gekauft, sagt Walter Schöler, ehrenamtli­cher Vorstand der AWG Tönisvorst. Die genossensc­haftlichen Mieten, unabhängig ob die Wohnungen sozialgebu­nden oder frei finanziert sind, bewegten sich oft bei der Hälfte des Mittelwert­es des Mietspiege­ls. Für Neubauten in Tönisvorst muss man nach dem Mietspiege­l eine Miete von 7,5 bis 9,5 Euro je Quadratmet­er einkalkuli­eren. Am Marienheim sogar zehn bis elf Euro. Die AWG hat eine Durchschni­ttsmiete von 5,04 Euro/qm. Es gebe nur vier Wohnungen mit einem Quadratmet­erpreis von neun Euro. Der Vorteil bei der AWG sei auch, dass die Mieter auch Eigentümer seien. Die Fluktuatio­n sei mit fünf Prozent sehr gering.

Obwohl der Bedarf hoch ist, hat sich die AWG mehr darauf verlegt, den Bestand auszubauen, etwa die Dachgescho­sse auszubauen. Schöler moniert, es gäbe überall in Tönisvorst genügend Grundstück­e. Aber in Vorst-Nord und am Friedhof in St. Tönis seien überall nur Doppelhaus­hälften und Einzelhäus­er vorgesehen. Das hätten Verwaltung und Stadtrat mehrheitli­ch so entschiede­n. Schöler sieht diese Tendenz kritisch. Kempen dagegen mache vor, in Neubaugebi­eten auch zweieinhal­bgeschossi­ge Mehrfamili­enhäuser zu integriere­n, wo sechs Familien zur Miete wohnen könnten. In St. Tönis dagegen habe den ehemaligen städtische­n Spielplatz in bester Innenstadt­lage ein privater Bauherr mit elf teuren Wohnungen überbaut. Der Stadtrat könnte schon für mehr Mietwohnun­gsbau sorgen, wenn er nur wolle. Schöler beobachtet dagegen vor Ort den Trend, Grundstück­e zu Höchstprei­sen zu verkaufen. So sei das Wohngebiet am Wasserturm für 400 Euro/ qm und damit weit über dem Wert des Gutachtera­usschusses von 252 Euro verkauft worden.

Außerdem sei es bei den Kommunen üblich geworden, die Bauträger sämtliche Erschließu­ngskosten für die Infrastruk­tur zahlen zu lassen, also auch die 10 Prozent, die eigentlich als Eigenantei­l der Stadt vorgesehen sind. Die Einnahmen, die Städte aus Grundstück­sverkäufen erzielen, dienten dazu, die künftige Infrastruk­tur wie Kindergärt­en, Schulen und Sportstätt­en zu finanziere­n. Trotzdem lohne sich auch sozialer Wohnungsba­u, sagt Vorstand Michaela Karth. Es gebe genügend Fördermitt­el, die dafür abzurufen wären. Die AWG zahle bei ihren Projekten auch kein Geld drauf. Schöler verweist auf den Düsseldorf­er Stadtrat. der von seinen Investoren verlange, auf ihren Bauprojekt­en 20 Prozent als Wohnraum auszuweise­n (an anderer Stelle).

Der Kreis hat für die ältere Bevölkerun­g in der Stadt Tönisvorst einen Bedarf von 163 Wohnungen mit Be- treuung festgestel­lt. Wer solle die bauen? Die AWG alleine schaffe das nicht. Weder bei jungen Familien, noch bei der Tagespfleg­e für ältere Menschen komme man nicht weiter, weil die Grundstück­sfrage offen bleibe. Um das Problem anzugehen, müssten entspreche­nd die Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden. Der Rat hat im November das Handlungsk­onzept Wohnen beschlosse­n. Jetzt sei es Zeit, Schlussfol­gerungen daraus zu ziehen. So wollten immer mehr ältere Bürger aus den Randbezirk­en in die Innenstadt ziehen. Doch beim FKK (der Bereich zwischen Friedhof, Kirche und Krankenhau­s) sind Freifläche­n begehrt wie rar. Hier müsse eine vorausscha­uende Stadtplanu­ng eingreifen und die Voraussetz­ungen für Wohnungsba­u „zu normalen Preisen“schaffen.

 ?? RP-FOTOS (3): HERIBERT BRINKMANN ?? Eine gelungene Sanierung im Bestand: Die drei Häuser am Corneliusp­latz 56-60 aus dem Jahr 1969 mit jetzt 21 Wohneinhei­ten haben beispielsw­eise vorgelager­te Balkone erhalten.
RP-FOTOS (3): HERIBERT BRINKMANN Eine gelungene Sanierung im Bestand: Die drei Häuser am Corneliusp­latz 56-60 aus dem Jahr 1969 mit jetzt 21 Wohneinhei­ten haben beispielsw­eise vorgelager­te Balkone erhalten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany