Rheinische Post Krefeld Kempen
Futsal statt Hallenfußball
Der DFB setzt beim Fußball unterm Dach auf die in Südamerika und Südeuropa populäre Variante.
DÜSSELDORF Seit Jahren lebt der Hallenfußball in Deutschland von Kombinationen, Toren ohne Ende und dem Spiel mit der Bande. Die Zuschauer in der Mönchengladbacher Jahnhalle dürften sich daher bei der Hallenfußball-Stadtmeisterschaft Anfang Januar etwas verwundert die Augen gerieben haben, da die Bande deutlich seltener als in den Vorjahren zum Einsatz kam. Stattdessen versuchten die Mannschaften taktische und spielerische Lösungen zu finden. Der einfache Grund: Erstmals wurde bei den Stadtmeisterschaften mit dem Futsal-Ball gespielt. Der ist im Vergleich zum normalen Spielgerät kleiner und sprungreduziert – und somit für den Einsatz an der Bande weniger geeignet als der normale Fußball.
Futsal („futebol de salão“) ist die offizielle Hallenfußball-Variante der Fifa mit fünf Spielern. Der Futsal war indes lange ein Stiefkind des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB). Im Futsal gilt Deutschland daher international nahezu als nicht-existent, höchstens als Entwicklungsland, führend sind Südamerika sowie Süd- und Osteuropa.
Mittlerweile hat im Land des Fußball-Weltmeisters allerdings ein Umdenken stattgefunden – und spätestens seit der Einführung einer Futsal-Nationalmannschaft Ende 2015 haben sich die Interessen verschoben. Der DFB hat den Futsal daher als eine Art „Leuchtturm-Projekt“auserkoren. Im ganzen Land soll die bandenlose Variante des Hallenfußballs gepusht werden. Seit 2016 müssen Hallenturniere, die über die Verbände organisiert werden, in der Futsalvariante ausgetragen werden. Das wiederum verärgert viele Vereine und Verbände, denn so leicht ist die Umstellung nicht. Schließlich benötigt es für Futsal kleinere Tore, andere Bälle und zwei Schiedsrichter. Die Lösung: Privat ausgetragene Turniere dürfen weiterhin als klassischer Hallenfußball ausgetragen werden.
Die Veranstalter der Mönchengladbacher Hallenfußball-Stadtmeisterschaft hatten sich 2018 erstmals auf den Kompromiss mit dem Ball-Tausch eingelassen – alle anderen Regeln wurden allerdings nicht übernommen. Futsal-Light also. Eigentlich hätte der Stadtsportbund Mönchengladbach das nicht tun müssen, schließlich ist er kein Teil des Fußball-Verbandes. Da aber die teilnehmenden Mannschaften zum DFB gehören, ging man den Kompromiss ein. „Wir hatten im Vorfeld des Turniers große Bedenken, dass der Ball zu einem Problem werden könnte, doch von den Vereinen hat sich niemand beschwert“, sagt Wolfgang Rombey, Präsident des Stadtsportbunds, „zwar wurde die Bande aufgrund des Balles merklich gemieden, aber ich denke, dass das absolut im Rahmen war. Wir haben taktisch und technisch versierte Spiele gesehen. Der Ball wurde seltener planlos nach vorne gebolzt. Die Spielkultur hat eindeutig gewonnen.“
Ob dieser Mix aus Fußball und Futsal nun sinnvoll ist oder nicht, darüber lässt sich natürlich streiten. „Aus meiner Sicht macht so ein Regel-Hybrid wenig Sinn. Es ist vor allem auch gefährlich, da die Frustrationsschwelle geringer ist, falls etwas nicht klappen sollte. Wenn es nicht wie gewünscht läuft, dann wird zuerst auf den Futsal geschimpft, da vorher ja alles ‘gut’ war“, sagt Daniel Gerlach, Co-Trainer der Futsal-Nationalmannschaft.
Der 32-Jährige hält die Futsal-Revolution in Deutschlands Hallen für notwendig, kann die teils ablehnende Haltung der Vereine aber auch nachvollziehen. „Natürlich ist es schwer zu verdauen, wenn einem gesagt wird, dass man etwas ändern solle. Nur eine Pflichtvorgabe reicht da deshalb natürlich nicht aus. Man muss den Leuten den Sport erklären und den Nutzen für den Feldfußball vermitteln“, sagt er. Um nächste Schritte machen zu können, müsse man die Vorteile des Futsalspiels erkennen und den Hallenfußball vom Futsal abgrenzen, glaubt Gerlach.
In Gladbach könnte es Probleme geben, wenn der DFB mehr will als nur den kleinen Ball. Was passiert, wenn die Tore von fünf Metern Breite auf die Handballtor-Breite von zwei Metern schrumpfen, die Rundumbande abgeschafft werden muss und das Futsal-Regelwerk die einzige Option ist? „In Mönchengladbach ist das kaum realisierbar“, meint Rombey. „Klar, Tore und Regeln wären kein Problem, doch die Bande können wir nicht einfach abschaffen. Um die Gesundheit der Spieler zu gewährleisten, braucht es Auslaufzonen neben den Linien.“Rombey sieht die Vorgaben des DFB als Teil eines Prozesses. Vielleicht heißt es später mal: Ein kleiner Schritt in Richtung Futsal-Nation wurde in Gladbach getan.