Rheinische Post Krefeld Kempen
Projekt Wolf in Stuttgart gescheitert
Die Schwaben trennen sich von ihrem Trainer. Dabei hatte es direkt nach dem 0:2 gegen Schalke 04 noch Treueschwüre aus der Führungsebene gegeben. Als Nachfolgekandidaten gelten Andries Jonker oder Markus Weinzierl.
STUTTGART (sid) Hannes Wolf verabschiedete sich gestern noch kurz von seiner Mannschaft und einer Handvoll Fans, dann fuhr er mit seiner Nobelkarosse vom Klubgelände – es war sein letzter Auftritt beim VfB Stuttgart. Der Treueschwur des Sportvorstandes Michael Reschke für den Trainer unmittelbar nach dem ernüchternden 0:2 (0:2) gegen Schalke 04 hatte sich über Nacht als Lippenbekenntnis erwiesen.
Man sei nach „intensiven und emotionalen Gesprächen zu der Überzeugung gekommen, dass die Gefahr, dass wir die Situation in der bestehenden Konstellation nicht mehr gedreht bekommen, zu groß ist und wir einen neuen Impuls brauchen, um wieder in die Erfolgsspur zu finden“, sagte Reschke und vollzog damit eine Rolle rückwärts. Wolf soll Signale gegeben haben, dass er selbst nicht mehr an einen Umschwung mit ihm als Trainer geglaubt habe.
Eigentlich hatten Reschkes Aussagen nach dem Spiel trotz der Krise darauf hingedeutet, dass der Aufstiegsheld Wolf am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim VfL Wolfsburg sein „Endspiel“bekom- men würde. Es gebe „keinen anderen Plan“. Falsch! Den gibt es spätestens seit gestern.
Wer die Nachfolge des 36-Jährigen bei den Schwaben, die aus den vergangenen acht Bundesligaspielen nur einen Sieg und ein Remis geholt hatten, antreten wird, soll „in den nächsten Tagen“entschieden werden, teilte der Klub mit. Das Training am Sonntag leiteten Torwarttrainer Marco Langner, Athletiktrainer Matthias Schiffers und Individualtrainer Andreas Schuma- cher. Als Kandidaten gelten Andries Jonker und Markus Weinzierl.
„Das ist eine Entwicklung, die so keiner wollte. Dementsprechend sind wir alle enttäuscht darüber. Letztlich waren wir uns aber alle einig, dass es so nicht weitergehen kann“, betonte VfB-Präsident Wolfgang Dietrich. Es habe „die letzte Überzeugung gefehlt, dass wir diese Situation gemeinsam meistern können“.
Wolf hatte das Amt am 21. September 2016 von Jos Luhukay über- nommen und den VfB zurück in die Bundesliga geführt. Diesen Weg „mitzugestalten, war und bleibt unvergesslich. Auch in dieser Saison fühlten wir uns auf einem guten Weg. Leider waren in den letzten Wochen die Ergebnisse und zuletzt auch die Spiele nicht mehr gut genug“, sagte Wolf, der von „überragenden eineinhalb Jahren“sprach.
Die VfB-Profis um Torjäger Mario Gomez, Kapitän Christian Gentner oder Holger Badstuber hatte Reschke schon nach dem indiskutablen Auftritt gegen Schalke in die Pflicht genommen. Er forderte „eine bessere Einstellung und ein besseres Zweikampfverhalten“. Zumal das Duell in Wolfsburg gegen einen Konkurrenten im Abstiegskampf „überragende Bedeutung“habe, so Reschke: „Das ist wesentlich und entscheidend.“
Längst stecken die Schwaben in einer prekären Situation. Wolf schaffte es nicht mehr, die Wende einzuleiten. Bei der Niederlage gegen Schalke nach Gegentreffern durch Naldo (14.) und Amine Harit (19., Foulelfmeter) wirkte Stuttgart völlig verunsichert, die erste Hälfte war katastrophal.
Für die aufgebrachten Fans war schon da klar gewesen, dass etwas passieren muss. Er könne deren Unmut verstehen, meinte Gentner nach den Anfeindungen, „aber die helfen uns nicht weiter“.
Torwart Ron-Robert Zieler bemühte die üblichen Durchhalteparolen. „Wichtig ist, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen. Es war klar, dass es eine schwierige Saison wird. Wir müssen eine Einheit bleiben. Es geht weiter“, sagte er.