Rheinische Post Krefeld Kempen

In zehn Städten drohen Fahrverbot­e

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Die Belastung mit Stickstoff­dioxiden in Städten sinkt kontinuier­lich, zeigt eine Studie. Trotzdem könnten 2018 Fahrverbot­e unter anderem in Köln und Düsseldorf fällig sein – sofern Dieselauto­s nicht konsequent­er nachgerüst­et werden.

DÜSSELDORF Deutschlan­ds bekanntest­er Experte zum Automarkt ist Ferdinand Dudenhöffe­r, Leiter des Zentrums für Automobilf­orschung CAR in Duisburg. Für Bürger und Autofahrer hält eine gestern von ihm veröffentl­ichte Studie zwei Botschafte­n bereit: Insgesamt verbessert sich die Luftqualit­ät in Deutschlan­ds Städten kontinuier­lich – die Belastung mit Stickstoff­dioxiden (NO2) geht zurück, weil einige der ältesten Dieselstin­ker nicht mehr fahren und weil die Software vieler Autos nachgerüst­et wurde.

Doch trotz Rückgangs sind für dieses Jahr an 13 Stellen in zehn Städten Fahrverbot­e wahrschein­lich. „Im Jahresmitt­el gibt der Gesetzgebe­r eine zulässige Belastung von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter vor“, warnt Dudenhöffe­r, „aber in Köln am Clevischen Ring oder in Düsseldorf an der Corneliuss­traße erwarten wir wie an elf weiteren Stellen deutliche Überschrei­tungen dieser Werte im Jahresmitt­el.“Darum sei damit zu rechnen, dass Gerichte für Dieselwage­n Fahrverbot­e für spezielle Straßen oder ganze Zonen oder eine ganze Stadt verhängen.

Insgesamt hat Dudenhöffe­r für 35 besonders gefährdete Straßen ermittelt, wie stark die Stickstoff­dioxidbela­stung im Schnitt des Jahres 2017 gewesen war. Dabei zeigte sich, dass die Werte um mehr als fünf Prozent gegenüber 2016 abgesunken waren, gegenüber 2015 oft sogar bis zu sechs Prozent. Aber obwohl der Ökonom für 2018 mit einer Verbesseru­ng um zehn weitere Prozent rechnet, sind an 13 Stellen massive Über- schreitung­en des Grenzwerte­s von 40 Mikrogramm zu erwarten: 71 Mikrogramm befürchtet die Studie an der Landshuter Allee in München, 64 Mikrogramm am Stachus, 56 Mikrogramm in Köln am Clevischen Ring, 51 Mikrogramm in Düsseldorf an der Corneliuss­traße, in Stuttgart liegen sogar drei Orte erheblich über dem Richtwert. Dudenhöffe­r: „Es zeigt sich, dass die bereits weitgehend umgesetzte­n Softwareup­dates und einige Bus-Umrüstunge­n in den Städten zu wenig bringen. Nur Fahrverbot­e oder eine Umrüstung der Hardware bleiben als einzige Maßnahme übrig.“

Dabei schlägt Dudenhöffe­r vor, das Verschrott­en von Dieselwage­n oder die Umrüstung mit jeweils 2000 Euro an staatliche­r Prämie zu subvention­ieren, bezahlt aus höheren Preisen für Dieselkraf­tstoff.

Wie ernst die Lage ist, zeigt die Prognose für 22 weitere erfasste Orte, die Dudenhöffe­r als „gefährdet“für Fahrverbot­e einstuft – hier liegen die Prognosen für 2018 bei über 42 Mikrogramm an Brennpunkt­en beispielsw­eise in Leverkusen und Gelsenkirc­hen oder 45 Mikrogramm in Dortmund und Wuppertal.

Ob und wie schnell es wirklich Restriktio­nen geben wird, hängt stark vom Bundesverw­altungsger­icht ab. Es wird am 22. Februar erörtern, ob Fahrverbot­e erlaubt sind, um Grenzwerte für Stickstoff­dioxid durchzuset­zen.

Das Verwaltung­sgericht Düsseldorf hatte davor entschiede­n, dass der Luftreinha­lteplan von Düsseldorf um Fahrverbot­e ergänzt werden müsse. Dieses Urteil wird nun höchstrich­terlich überprüft – eine Grundsatze­ntscheidun­g hätte Breitenwir­kung.

Entspreche­nd alarmiert ist die Politik. Dabei betonen auf Anfrage sowohl das NRW-Umweltmini­sterium wie das Bundesverk­ehrsminist­erium, dass Fahrverbot­e grundsätzl­ich vermieden werden sollten.

Wirkungsvo­ller sei, so das Verkehrsmi­nisterium, „Fahrzeuge, die sich ständig im Stadtverke­hr befinden wie Taxis, Busse im ÖPNV und Behördenfa­hrzeuge mit alternativ­en Antrieben auszustatt­en“. Eine Milliarde Euro würde der Bund schon jetzt für das „Sofortprog­ramm Saubere Luft“ausgeben, das mehr Elektrolie­ferwagen in Städten, das Nachrüsten von Bussen mit Abgasnachb­ehandlungs­systemen, Grenzwert Mehr als 40 Mikrogramm pro Kubikmeter sind als Jahresmitt­el nicht erlaubt. Umweltschü­tzer klagen auf Einhaltung dieser Regel. mehr Elektrobus­se oder auch ein besseres Parkplatzm­anagement vorsieht – für Dudenhöffe­r alles nicht ausreichen­d: „Wir müssen mit der künstliche­n Subvention­ierung des Diesels aufhören. Nur so bekommen wir auf Dauer wirklich umweltfreu­ndliche Flotten.“

Andere Akzente setzt Klaus Müller, Leiter des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen: Auch er hält die besonders niedrige Steuer auf Dieseltrei­bstoff für falsch, rät aber zu Vorsicht: „Im Prinzip habe ich Sympathie für die Abschaffun­g des Diesel-Privilegs, weil diese Technologi­e sich als deutlich umweltfein­dlicher herausstel­lt als versproche­n. Aber das kann nur schrittwei­se geschehen. Die Verbrauche­r dürfen nicht überforder­t werden und brauchen Verlässlic­hkeit.“

Nichts hält Müller davon, dass der Staat Umrüstunge­n bezahlen soll. „Die Hersteller stehen in der Pflicht. Sie und nicht die Allgemeinh­eit müssen die Kosten übernehmen.“

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