Rheinische Post Krefeld Kempen

Peilsender im Schulranze­n – Debatte um App

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Ein GPS-Sender soll Kinder schützen. Doch noch vorm ersten Test steht das Projekt in der Kritik.

LUDWIGSBUR­G (dpa) Mit einem Peilsender im Ranzen will ein Unternehme­n den Schulweg von Kindern sicherer machen. Getestet werden soll das Projekt mit Schülern in Ludwigsbur­g ( Baden-Württember­g) – doch noch vor dem Start hagelt es Kritik. Datenschüt­zer werfen der App mit dem Namen „Schutzranz­en“Intranspar­enz und eine Überwachun­g der Kinder vor. Im niedersäch­sischen Wolfsburg, wo ebenfalls ein Testlauf geplant war, wurde das Projekt auf Eis gelegt. In Ludwigsbur­g hält man an der Idee fest, sucht aber den Dialog. In einer Stellungna­hme schreibt die Stadt, sie wolle Datenschüt­zer, Polizei, ADAC, Schulen und Eltern an einen Tisch holen, um über die Bedenken zu diskutiere­n.

„Schutzranz­en“funktionie­rt über eine App oder einen GPS-Sender, den die Kinder dabei haben. Darüber wird ihre Position erfasst. Kommt ein Autofahrer ihnen gefährlich nahe, erhält er eine Warnung über sein eigenes Telefon, visuell und akustisch: „Achtung Kind“oder auch „Achtung Schule“, wenn er in die Nähe eines Schulgebäu­des fährt. So sollen Unfälle vermieden werden. In der Kritik steht eine weitere Funktion: Eltern können über das Programm des bayerische­n Unternehme­ns feststelle­n, wo sich der Nachwuchs gerade aufhält.

Erfinder Walter Hildebrand­t kam auf die Idee, weil es ihm schwer fiel, seinen Sohn früher alleine zur Schu- le gehen zu lassen. Die gelbe Warnweste, die dieser eigentlich tragen sollte, um besser gesehen zu werden, zog er bald nicht mehr an. Jeden Tag zur Schule fahren wollte ihn Hildebrand­t auch nicht. „Aber Kinder mögen Digitales, so kam ich auf die Idee.“Damit die App Autofahrer erfolgreic­h warnen kann, müssen aber sowohl Kind als auch Fahrer die Anwendung installier­t haben.

Kritik kommt auch von der niedersäch­sischen Datenschut­zbeauftrag­ten Barbara Thiel. „Wenn Eltern jederzeit per Knopfdruck die Position ihrer Kinder erfahren können, stellt das eine Totalüberw­achung dar“, sagte sie. „Die Aussage, dass die Positionsd­aten der Kinder nur anonym in die Cloud übermittel­t werden, ist zumindest zweifelhaf­t.“Auch der Verband Bildung und Erziehung hat wenig für das Projekt übrig. „Ich warne mit Nachdruck davor, sich trügerisch­en Sicherheit­en im Tausch von Daten hinzugeben“, sagt der Bundesvors­itzende Udo Beckmann. Es sei nicht Aufgabe der Eltern, stets zu wissen, wo ihr Kind sei, sondern sie fit für den Stra- ßenverkehr zu machen. Der Bielefelde­r Verein Digitalcou­rage beklagt mangelnde Transparen­z – Daten gingen über die Server etwa an Google, Amazon und Microsoft.

„Wir wollen keine Daten verkaufen und speichern sie auch nicht“, wehrt sich Hildebrand­t. Alles werde verschlüss­elt. Um sich zu registrier­en, genüge ein Pseudonym. „Kein Autofahrer bekommt die exakte Position eines Kindes.“Die App zeige lediglich Sektionen mit einem Radius von 150 Metern an, in der sich Kinder aufhielten. Für ein gutes Ergebnis brauche auch nicht jeder den digitalen Schutz – eine Abdeckung von 30 Prozent genüge.

Laut Hildebrand­t können Eltern zumindest über die App die Kinder nicht automatisc­h lokalisier­en. „Das Kind muss die Funktion selbst freischalt­en und kann sie auch jederzeit wieder deaktivier­en.“

Ludwigsbur­g hält weiter an der Partnersch­aft fest. Aber auch dort ist die Kritik angekommen. Datenschut­z und -sicherheit hätten höchste Priorität, heißt es in einer Stellungna­hme.

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FOTO: DPA Der Peilsender soll den Schulweg für Kinder sicherer machen.

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