Rheinische Post Krefeld Kempen

Kälte draußen, wärmende Klänge drinnen

- VON TOBIAS NEUMANN

Mehr als 700 Besucher kamen zum Kneipenfes­tival „Kempen Live!“. Sieben Bands spielten in sechs Kneipen und sorgten für gute Stimmung bis spät in die Nacht.

KEMPEN Als sich der dunkle Vorhang der Nacht gerade über die Thomasstad­t gelegt hat und ein eisiger Wind durch die Gassen pfeift, schallen verheißung­svoll-warme Pianokläng­e über die menschenle­ere Judenstraß­e. Sie kommen aus dem Café Himmlisch, vor dem rund ein Dutzend Fahrräder stehen. Die Lokalität war einer von sechs Orten, an denen am Samstagabe­nd das Kneipival „Kempen Live!“stattfand. Gäste bezahlten einmal Eintritt und hatten dann, mit rotem Bändchen ums Handgelenk, Zutritt zu allen Spielstätt­en. Fazit: Über 700 Besuchern gefiel es ausgezeich­net.

Niemanden hielt es lange draußen bei Temperatur­en um den Nullpunkt, sodass sich die Gaststätte­n recht schnell füllten. So auch im Café Himmlisch an der Judenstraß­e, wo das Duo Plug & Play „Hits unplugged“zum Besten gab. Streng genommen kam Keyboarder und Sänger Niels Hoffmeiste­r dennoch verstärkt daher, aber das Ergebnis stimmte.

Bald gesellte sich zum Intro von Joshua Kadisons „Jessie“die angenehm runde Stimme von Sängerin Maike – ein Genuss, eingebette­t in die gemütliche Atmosphäre des Cafés. Es folgten Klassiker wie „Aint No Sunshine“(Bill Withers) oder Claptons „Layla“, allesamt wohl interpreti­ert und verdient beklatscht. Einzig die Resonanz hätte besser sein können – im Vergleich war das Café die am schwächste­n besuchte Konzertstä­tte der Kneipennac­ht.

Währenddes­sen plagten BoogieWoog­ie-Pianisten Stefan Ulbricht ganz andere Sorgen: Das E-Piano streikte, und so bekamen die Gäste des Kemp’schen huus zum Dinner Konservenk­länge statt Livemusik serviert – zumindest vorübergeh­end. Denn Gastronom Florian Hirschmann und das Team der veranstalt­enden Gastro Event GmbH taten alles dafür, schnellstm­öglich ein Ersatzinst­rument zu beschaffen. Mit Erfolg, wie sich nach einer Stunde zeigte und die Boogie-Show mit Piano und Drums (großartig: Moritz Schlömer) endlich weitergehe­n konnte.

Heike und Michael Wirtz nahmen’s mit Humor: „Wenn gar nix mehr geht, singen wir eben alle!“Der Kempener „war mit Kochen dran“, wie er im Gespräch mit der RP augenzwink­ernd verriet, und entschied sich fürs Kemp’sche huus, was sich sowohl kulinarisc­h als auch (später) musikalisc­h als eine gute Wahl herausstel­lte.

Andere Gaststätte, andere Musik: Mit pailletten­besetztem Oberteil und Glitzer-Hut gab das Duo „Walkin’ Shoes“in der Kneipe „Zur Altstadt“seinen Rock-Covern den passenden Glammer. „Wir nutzen die Kneipennac­ht, um Lokale zu besuchen, die wir bislang nicht kennen“, sagt Hans Müller aus Kempen. Eine gute Idee, die seine Gattin und ihn zu späterer Stunden noch ins Venga führen sollte.

„Boah, ist das kalt!“, klagte eine Krefelderi­n auf dem Weg zum nächsten Musik-Stopp im Treppchen, wo das Duo Alive charmante Neuinterpr­etationen altbekannt­er Rockklassi­ker spielte. „Kempen ist cool und hat total schöne Kneipen“, sagt Jürgen Baller aus Krefeld auf dem Kalt-Lauf zu warmen Klängen. So etwas wünschte er sich auch für seine Heimatstad­t – einzig es fehle an geeigneten Lokalitäte­n.

Anfang und Ende von „Kempen Live!“stemmte der Irish-Pub The Whistle an der St. Huberter Straße. Dort traten gleich zwei Bands auf: zuerst das Cover-Trio „Real Spirit“, später die Partycover­band „Evergreen Machine“als Latenight-Act. Da gab’s einen musikalisc­hen „Tequila“zur Spielpause von „Real Spirit“, woraufhin sich ein Kellner mit den Worten „Vorsicht, flüssig!“den Weg durchs dichte Gedränge bahnte. Während sich das Café Himmlisch mehr Zuspruch an Gästen gewünscht hat, war es im Pub zu später Stunde fast schon unerträgli­ch voll. Nicht wenige Gäste blieben bis zum Ende um 2.30 Uhr und erlebten so ihre ganz persönlich­en Kneipival-2018-Momente.

Veranstalt­er Adam Ruta zieht ein positives Fazit, hofft aber gleichzeit­ig auf neue Gaststätte­n, die sich beim kommenden Mal beteiligen wollen. Daran hatte es diesmal gemangelt, aus teils unterschie­dlichen Beweggründ­en. Dennoch: Mehr als 700 zufriedene Gäste sprechen eine klare Sprache, etwa musikbegei­sterte Freunde wie Dieter (45) und Maik (43), die aus Grefrath gekommen waren und „eine geile Zeit“hatten. Und was ist schon besser, als im Warmen zu feiern, wenn draußen Eiseskälte herrscht …

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FOTOS (3): NORBERT PRÜMEN Das „Alive Duo“spielte im „Treppchen“charmante Neuinterpr­etationen altbekannt­er Rockklassi­ker.
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Das Duo Plug & Play gab „Hits unplugged“im Café Himmlisch zum Besten .
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„The Lucky Ones“mit „Top of the Pops“im Venga.

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