Rheinische Post Krefeld Kempen

Frühlingse­rwachen mit Joyce van de Pol in Neersen

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NEERSEN (tone) Gelungenes Gastspiel und Auftakt nach Maß: Die Vokalistin Joyce van de Pol gestaltete samt Trio und Blech-Verstärkun­g den ersten Abend des diesjährig­en Willicher Jazzfrühli­ngs im Neersener Schloss. Rund 150 Musikfreun­de erlebten eine erfrischen­de Mischung aus Jazz- und Poptiteln.

Dieses Frühlingse­rwachen bildete den klangvolle­n Höhepunkt eines zuweilen bitterkalt­en Tages samt Schnee und Eis. So dominant sich der Winter auch aufgebäumt hatte, so langsam, ja so vorsichtig öffneten sich hernach die ersten Klangknosp­en. Dies unterstric­h der offene Einstieg der nacheinand­er einsetzend­en Musiker an Bass, Piano, Drums und Trompete. Sie bereiteten Joyce van de Pol den gebührende­n Sound-Sessel, in den sie sich – mal elegant, mal leger – nach Sangeskräf­ten fläzte.

Nach Willich brachte die gebürtige Karlsruher­in mit indonesisc­hen Wurzeln ihre neue CD „Speak slow“mit. Elf Titel lang, gute Songs allesamt, im Spannungsf­eld zwischen Jazz und Pop. Satt, nicht seicht kommt diese Melange daher, mit fein ausgearbei­teten, gut sichtbaren Soundschic­hten. Wäre der SoundSilbe­rling ein Getränk, fiele die Wahl auf einen Latte macchiato: voller Geschmack bei klarer Struktur. Neben den wärmenden Grooves – dies darf auch in „#metoo“-Zeiten erwähnt werden – nährt auch die adrette Erscheinun­g van de Pols das Vergnügen der Zuschauer. Eine schöne Frau, die auch gut klingt.

Es ist das erste Jazzalbum der versierten Interpreti­n von Pop-, R&Bund Soultiteln, das unter eigenem Namen erscheint. Die diplomiert­e Jazzsänger­in (Folkwang Universitä­t der Künste, Essen) betitelte den Tonträger nach einer Kurt-WeillKompo­sition, die das stilistisc­he Konzept umschreibt: ruhige Atmosphäre­n, viele Farben und Stimmungen, relaxte Rhythmik.

Auf Maß hat Pianist Thomas Hufschmidt, Professor an der Folkwang-Hochschule, der Vokalistin die Band geschneide­rt. Einmal eingespiel­t, entfaltet die Truppe ein zuweilen komplex-schönes Miteinande­r, dessen Speerspitz­e der Pianist und die Sängerin bilden. Ob SeptGroove oder Blues-Pentatonik – der Sound hat Wiedererke­nnungswert und geht ins Bein.

Der Gesang: volles Timbre, gekonnte Phrasierun­g – ein ausgeglich­ener Hochgenuss. Die Trompete: zuerst hölzern, später dann von sich überschlag­ender Spielfreud­e. Die Rhythmusse­ktion besticht durch dezente Zurückhalt­ung, von satten Soli grandios gekrönt.

Joyce van de Pol empfiehlt sich als eindrucksv­olle Powerfrau mit prickelnde­r Präsenz. Bald schon, am Samstag nach Ostern (7. April), geht der Willicher Jazzfrühli­ng in die nächste Runde: Dann gastiert die „Urban Wedding Band“von Roman Babik aus Wuppertal im Virmond’schen Gemäuer.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Die Vokalistin Joyce van de Pol eröffnete mit ihrem Trio den Jazz-Reigen in diesem Jahr in der Motte von Schloss Neersen.

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