Rheinische Post Krefeld Kempen

Nach Todesfall: Aktion zu totem Winkel

- VON ALEXANDER TRIESCH

Auch wenn die Zahl der Unfälle mit Kindern im Straßenver­kehr insgesamt zurückgeht, der tote Winkel führt immer wieder zu grauenhaft­en Zusammenst­ößen. Jetzt intensivie­rt die Polizei ihre Aufklärung­skampagne.

Auch eineinhalb Jahrzehnte nach dem Start der Aufklärung­skampagne über Gefahren im Verkehr bleibt der tote Winkel lebensgefä­hrlich. Erst kurz vor Weihnachte­n starb eine Elfjährige, nachdem sie mit ihrem Fahrrad an der Kreuzung Seyffardts­traße/Gladbacher Straße von einem Lastwagen erfasst wurde. Drei weitere Unfälle hat es an dieser Stelle in den vergangene­n drei Jahren gegeben. Der Fall der Elfjährige­n war der schlimmste dieser Art, seit die Krefelder Polizei das Projekt 2002 ins Leben gerufen hat. Jetzt hat die Polizei mit neuer Ausrüstung wieder eine Kampagne gestartet.

„Die Schüler müssen sich auch im Klassenzim­mer mit dem Thema

auseinande­rsetzen“

Helmut Bott

Polizist

Einmal in einen Lkw steigen und auf dem luftgefede­rten Sitz Platz nehmen – das können die Schüler des Gymnasiums Horkesgath seit dem vergangene­n Mittwoch ausprobier­en. Die Hände ans Lenkrad, ein Blick nach vorn, dann einer in den Spiegel, noch einmal über die Schulter gucken. Alles richtig gemacht. Eigentlich. Denn biegt der Lkw nun rechts ab, wird die Karosserie mit den Mitschüler­n kollidiere­n. Sie stehen im toten Winkel.

Was die Schüler des Krefelder Gymnasiums auf ihrem Schulhof in Horkesgath erleben, ist nur eine Simulation. Die Polizei Krefeld hat dort gemeinsam mit der Initiative „Fairkehr“für fünf Tage einen Lkw geparkt, ein Werbefahrz­eug eigens für die Prävention­sarbeit. Der Motor ist aus, die Menschen im toten Winkel sind nur Aufsteller aus Holz. Das Experiment soll zeigen, welche Gefahren im Straßenver­kehr lauern. „Wir haben immer wieder Unfälle, in denen der tote Winkel eine Rolle spielt“, sagt Daniel Uebber, Sprecher der Polizei Krefeld. Früher kam es zu ungewöhnli­ch vielen Unfällen mit Kindern im Straßenver­kehr, ein Junge starb. Die Polizei ging in die Schulen, klärte auf und informiert­e die Kinder und Jugendlich­en, wie man sich richtig schützt. „Die Resonanz, sowohl von Schülern, als auch von Lehrern, war in den Jahren durchweg positiv“, sagt Helmut Bott von der Verkehrsun­fallpräven­tion. Seit 15 Jahren besuchen die Beamten nun schon weiterführ­ende Schulen in und um Krefeld, um vor den Gefahren im Straßenver­kehr zu warnen. „Grundschül­ern kann man die Gefahren meist noch nicht so deutlich machen“, sagt Bott. Mit der Zeit habe man auch gemerkt, dass eine rein praktische Aktion draußen auf den Schulhöfen zuviel Eventchara­kter habe, wie Bott es nennt. „Es braucht auch die Theorie, die Schüler müssen sich auch in den Klassenzim­mern mit dem Thema auseinande­rsetzen“, sagt Bott.

Im Vorfeld der Aktion haben die Beamten Unterricht­smaterial am Gymnasium verteilt, das dort gerne angenommen wird, wie die stellvertr­etende Schulleite­rin Carola Keßler bestätigt. „Unfallpräv­ention findet bei uns oftmals in den Klassenlei­terstunden statt, aber auch beispielsw­eise im Physikunte­rricht wird das Thema behandelt“, sagt Keßler. Egal ob Fünftkläss­ler oder Abiturient­en – ein Bewusstsei­n für mehr Sicherheit lässt sich in allen Altersgrup­pen schaffen, sagt Keßler. „Das mag auch daran liegen, dass wir das Thema spielerisc­h erarbeiten und mit zunehmende­m Alter ernster angehen.“Dann wird im Unterricht auch über die Fälle gesprochen wie den der Elfjährige­n von der Gladbacher Straße. „Bisher spricht vieles dafür, dass das Mädchen im Dezember mit ihrem Rad auch im toten Winkel unterwegs war“, sagt Bott. Details soll ein Gutachten klären, das derzeit ausgewerte­t wird. In Krefeld ist die Zahl der Kinderunfä­lle bislang stetig zurückgega­ngen. Ende 2016 waren es gerade mal 70 und damit deutlich weniger als 1999, als die Polizeista­tistik 185 Fälle zählte. Die Aktion in Horkesgath endet heute. Die Arbeit der Polizei aber wird nicht ruhen. Die Beamten wollen pro Jahr jede Schule in Krefeld besuchen.

 ?? RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ ?? Die rote Fläche, auf der die Schüler stehen, ist gefährlich. Hier sollte man sich eigentlich nicht aufhalten. Die Polizei demonstrie­rt in einem Experiment am Gymnasium Horkesgath, wie schnell man von einem LKW-Fahrer übersehen wird.
RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Die rote Fläche, auf der die Schüler stehen, ist gefährlich. Hier sollte man sich eigentlich nicht aufhalten. Die Polizei demonstrie­rt in einem Experiment am Gymnasium Horkesgath, wie schnell man von einem LKW-Fahrer übersehen wird.

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