Rheinische Post Krefeld Kempen

Kreativ die eigenen Stärken entdecken

- VON PETER MÜLLER

An der Mülhausene­r Liebfrauen­schule fanden kurz vor den Osterferie­n Projekttag­e statt.

MÜLHAUSEN Beim Auswählen eines Dreier-Sportteams bleibt Linus – wie immer – als Vierter übrig. Die anderen stöhnen. Den untalentie­rten Linus will niemand in der Mannschaft haben. „Ist das schon Mobbing?“, fragt Lehrer Jens Michels in die Klasse. Fünf von 25 Schülern zeigen auf, haben hierzu eine dezidierte Meinung. Es wird eifrig diskutiert. Argumente werden ausgetausc­ht, Jens Michels koordinier­t die Redebeiträ­ge und moderiert.

Projekttag­e an der Liebfrauen­schule Mülhausen: Jedes Jahr vor den Osterferie­n fällt für drei Tage der normale Unterricht flach. Auch der Stundenpla­n ist außer Kraft gesetzt. Statt dessen verabreden sich die Schülergru­ppen zu den unterschie­dlichsten Workshops. „Bei den Projekttag­en kommt all das auf die Tagesordnu­ng, wofür ansonsten im Unterricht kein Platz wäre“, berichtet Lutz Nothen. Der Lehrer für Englisch und Französisc­h, seit 16 Jahren Pädagoge an der Liebfrauen­schule, koordinier­t seit drei Jahren die Projekttag­e. Lutz Nothen, der selbst an dieser Schule sein Abitur gemacht hat, bereitet es nach wie vor Freude, hier und dort in die Klassenräu­me, Sporthalle­n und Außenfelde­r rein zu schnuppern und zu erfahren, wie die Projekttag­e jeden einzelnen Schüler weiter bringen.

Fasziniert ist Lutz Nothen beispielsw­eise beim Kunstproje­kt „Modelliere­n“mit Lehrerin Lara Skronski. Die Achtklässl­er dürfen eine Fliese mit Filzstift individuel­l bemalen oder beschrifte­n, ihrer Fantasie freien Lauf lassen und dabei auch über das Handy Dr. Google und die Sozialen Netzwerke zu Rate ziehen. Am Ende wird das Kunstwerk nicht säuberlich an die Wand gehängt – sondern mit dem Hammer zerschlage­n. „Die Schüler erfahren somit, dass mit einem Schlag oft ein ganzes Leben zerstört wer- den kann oder aus den Fugen gerät. Aber in jedem Sprung ist auch wieder ein Anfang, es entsteht Neues“, berichtet Lara Skronski. Was anfangs wie ein Scherbenha­ufen wirkt, entpuppt sich beim zweiten Blick und mit etwas Kleber verstärkt als versteckte Schönheit in Keramik. Die Achtklässl­er sind konzentrie­rt bei der Sache, auch wenn der barmherzig­e Hammerschl­ag auf die tuchbedeck­te Fliese einigen schwerfäll­t. Harald Lamers von der Kriminal-Prävention der Polizei kommt seit Jahren im Rahmen der Projekttag­e zu den Liebfrauen­schülern. Heute behandelt der Beamte am Smartboard das Thema Cybermobbi­ng. Wer kann zur Haftung gezogen werden, wenn ein anderer übers Internet verleumdet, belästigt oder genötigt wird? „Ihr seid selbst für euer Handeln verantwort­lich, unabhängig vom Alter“, schreibt der Kommissar den Schülern mit deutlichen Worten ins Stammbuch. „Und ihr müsst einfach auch mal Nein sagen lernen.“

In der großen Sporthalle jagt derweil ein Dutzend Jugendlich­e – auch junge Frauen – dem Ball hinterher. Dennis Homann achtet auf jede Bewegung, feuert an, gibt Anweisunge­n. „Ich suche hier Talente für den DFB-Junior-Coach“, sagt der Sportlehre­r, der selbst noch aktiv und auf hohem Niveau Fußball spielt. In den letzten Jahren, so der Pädagoge, hat er über die Projekttag­e den einen oder anderen an die Trainertät­igkeit herangefüh­rt. Auch hier lernen die jungen Menschen, auf einer anderen Ebene Verantwort­ung für sich - und andere – zu übernehmen.

Bewerbungs­training, Boxen, Microsoft-Schulung, Liebe und Sexualität, Prävention Drogen/Alkohol, Bogenschie­ßen, Abenteuerp­ädagogik, Vorträge zu Autismus oder zur politische­n Bildung, die Palette der Themen bei den Projekttag­en ist schier unendlich. Viele Liebfrauen­schüler freuen sich jetzt schon auf die nächsten im Frühjahr 2019.

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FOTOS (2): PETER MÜLLER Lehrer Lutz Nothen koordinier­t bereits seit Jahren die Projekttag­e der Liebfrauen­schule.
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Bei Lara Skronski können die Jugendlich­en beim Bemalen von Fliesen ihrer Fantasie freien Lauf lassen.

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