Rheinische Post Krefeld Kempen

Das „zweite Wunder“von Uerdingen

- VON H.-G. SCHOOFS

Wie einst der FC Bayer gegen Dresden gelangen dem KFC gegen Rhynern sieben Treffer, was angesichts der bisherigen Torflaute sehr überrasche­nd ist. Trainer Krämer sieht vor dem Topspiel gegen Viktoria Köln Verbesseru­ngspotenzi­al.

Es war am Mittwochab­end genau 32 Jahre und zwei Tage her, als der FC Bayer mit diesem legendären 7:3Sieg im Europapoka­l gegen Dresden für das Wunder von Uerdingen sorgte, das in die internatio­nale Fußball-Geschichte einging. Sieben Treffer brachte auch der KFC vorgestern auf dem altehrwürd­igen Rasen der Grotenburg im gegnerisch­en Tor unter. Das gleicht angesichts der bisher mageren Torausbeut­e des Regionalig­isten ebenfalls einem Wunder. Die Uerdinger Fans konnten es kaum fassen, wie sich die Mannschaft unter ihrem neuen Trainer Stefan Krämer den Gegner Westfalia Rhynern zurechtleg­te und ihm nicht den Hauch einer Chance ließ. Als Befreiungs­schlag oder Ausrufezei­chen kann der 7:0-Erfolg angesichts der Harmlosigk­eit des Gegners sicher nicht gelten. Aber mit Blick auf das schwere und vielleicht vorentsche­idende Spiel um die Meistersch­aft am Sonntag um 15 Uhr gegen Viktoria Köln kam der Sieg und das Schützenfe­st genau zum richtigen Zeitpunkt.

„Ich habe die Mannschaft nach dem Spiel noch einmal um mich versammelt und ihr zum Sieg gratuliert. Es hat Spaß gemacht, zu zu schauen und was von den Rängen zurückgeko­mmen ist“, sagte Krämer gestern bei seiner Analyse. Auf die Frage, ob er sich bei seinem Debüt vielleicht einen anspruchsv­olleren Gegner gewünscht habe, antwortete er: „Nein, der Gegner hatte davor zweimal gewonnen. Andere Mannschaft­en haben sich gegen die extrem schwer getan. Und ein 7:0 musst du in dieser Liga erstmal spielen, egal gegen wen.“

Ganz zufrieden war das Geburtstag­skind, das heute 51 Jahre alt wird, aber nicht: „Im Pressingve­rhalten sind wir ganz oft vor den Leuten stehen geblieben und haben sie nur gestellt. So gibst du ihnen aber die Möglichkei­t, sich zu entscheide­n, das will ich nicht sehen.“

Auch bei Ballbesitz sieht er noch Verbesseru­ngspotenzi­al: „Ganz oft waren mir zu viele Spieler horizontal oder vertikal auf einer Linie. Daran müssen wir noch feilen, aber für die kurze Zeit haben es meine Spieler klasse gemacht.“

Als besondere Qualität bezeichnet er die Tatsache, dass sein Team sehr hoch gestanden hat, aber keine einzige Torchance zuließ: „Die Basis ist gelegt, aber man darf das alles nicht überbewert­en, schon gar nicht, sich darauf auszuruhen, sondern man muss weiter Dinge draufsetze­n. Unterm Strich sind wir alle sehr zufrieden. Alles andere wäre Jammern auf extrem hohem Niveau.“Aber er werde schon aufpassen, dass keiner denkt, es geht im- mer so weiter: „Das hat mit der Gier zu tun, da jetzt weiter zu machen. Wir haben angefangen und sind losgelaufe­n, jetzt müssen wir am Laufen bleiben.“

Das wird am Sonntag auch notwendig sein, wenn sich dem KFC ein Gegner von ganz anderem Kaliber als am Mittwoch der Tabellenle­tzte in den Weg stellt. „Wir haben jetzt noch drei Tage Zeit, uns auf Viktoria einzustell­en. Ich kenne die Mannschaft gut, die spielt ja mehr oder weniger bei mir vor der Haustüre. Ich habe sie schon ein paar mal gesehen. Heute spreche ich noch mit unserem Scout. Dann werden wir uns gemeinsam das Spiel der Kölner gegen Wuppertal ansehen. Ich glaube schon, dass wir dann in Richtung Sonntag eine vernünftig­e Idee finden“, erklärte Krämer gestern.

Am Gegner will der Coach seine Taktik nur zu 20 bis 30 Prozent orientiere­n: „Viktoria ist eine klasse Mannschaft. Da muss man schon auf die ein oder andere Sache reagieren, das ist ja logisch.“Von der insgesamt offensiven Ausrichtun­g von Mittwoch will er aber nicht abkehren: „Wir werden jetzt nicht anfangen, uns hinten reinzustel­len und betteln, dass der Gegner das Spiel macht. Ich will ein Team sehen, die mehr die Chance sieht als das Risiko und die nicht versucht, wenig falsch zu machen, sondern versucht, so viel wie möglich richtig zu machen. Aber jedes Spiel zwingt einem das ein oder andere auf. Darauf muss man von außen reagieren.“Und genau das zählt zu Krämers Stärken. Das gab er am Mittwoch beim „Wunder“von Uerdingen an der Seitenlini­e deutlich zu erkennen.

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