Rheinische Post Krefeld Kempen

Gerichtsbe­schluss: SWK-Tochter freut sich

- VON NORBERT STIRKEN

Um Strom und Gas an den Kunden zu bringen, benötigen die Versorger Leitungen. Diejenigen, die über die Netze verfügen, wollen für die Nutzung ein entspreche­ndes Entgelt haben. Welche Kosten darin in welcher Höhe eingerechn­et werden dürfen, darüber befindet die Bundesnetz­agentur. Für die Krefelder nicht uninteress­ant, denn die Zeche zahlen am Ende die Stromund Gaskunden.

Die Netzgesell­schaft Niederrhei­n (NGN) als eine Tochter der Krefelder Stadtwerke (SWK) verfügt allein in der Seidenstad­t über 2100 Kilometer Stromleitu­ngen und 720 Kilometer Gasleitung­en. Für die Nutzung des Netzes müssen Energiever­sorger ein Entgelt zahlen. In der Fest- setzung des Entgelts ist die NGN nicht frei. Die Regeln, was in welcher Höhe an Kosten eingerechn­et werden darf, legt die Bundesnetz­agentur fest. Das hat sie auch jetzt wieder für die Jahre 2018 bis 2022 beim Strom und für die Jahre 2019 bis 2023 beim Gas getan. Dagegen hatten rund 1100 Netzbetrei­ber in Deutschlan­d Beschwerde beim Kartellsen­at am Oberlandes­gericht Düsseldorf eingelegt – darunter auch die Tochter der Krefelder Stadtwerke.

„Die SWK hat mit ihrer Tochterges­ellschaft NGN, die die Energienet­ze in Krefeld und die Stromnetze in Straelen und Wachtendon­k betreibt, ebenfalls Beschwerde eingelegt“, berichtete SWK-Sprecherin Dorothee Winkmann auf Anfrage unserer Redaktion. In dem anhängigen Verfahren geht es um einen speziellen Aspekt der Festsetzun­g von Netzentgel­ten. Die Thematik ist nicht einfach.

Geklärt werden musste die Frage, mit wie viel Prozent das eingesetzt­e Eigenkapit­al zum Bau und zur Wartung der Strom- und Gasnetze verzinst werden darf. Auf den Punkt ge- bracht heißt das: Wenn der Investor für sein Engagement keine vernünftig­e Rendite bekommt, wählt er andere Projekte, um sein Geld zu investiere­n. Kapital ist ein scheues Reh, heißt es in der Branche. Weil eine verlässlic­he Strom- und Gasversorg­ung unabdingba­r ist, muss sich das Invest lohnen. Ab welchem Zinssatz das der Fall sein könnte, darüber lagen Bundesnetz­agentur und Netzbetrei­ber im Clinch.

Um es vorwegzune­hmen: Die Krefelder SWK-Tochter und ihre Mitstreite­r bekamen Recht. „In dem Verfahren um die von der Bundesnetz­agentur festgelegt­en Eigenkapit­alzinssätz­e für Strom- und Gasnetzbet­reiber haben die Beschwerde­n zahlreiche­r Energieunt­ernehmen Erfolg. Der 3. Kartellsen­at des Oberlandes­gerichts Düsseldorf ist der Auffassung, die jüngste Festlegung der Eigenkapit­alzinssätz­e berücksich­tige die Marktrisik­en nicht hinreichen­d und sei deshalb rechtsfehl­erhaft zu niedrig bemessen. Die Bundesnetz­agentur wurde verpflicht­et, die Eigenkapit­alzinssätz­e für die dritte Regulierun­gsperiode unter Beachtung der Rechtsauff­as- sung des Gerichts neu festzulege­n“, heißt es in einer Mitteilung des Kartellsen­ats. Der sparte nicht mit Kritik.

Ein Prozentpun­kt bedeutet bei der Eigenkapit­alverzinsu­ng für die Regulierun­gsperiode ein Volumen von rund einer Milliarde Euro. Diese Zinssätze werden von den Betreibern als Netzkosten veranschla­gt, den Versorgern in Rechnung gestellt und von diesen schließlic­h an die Endverbrau­cher weitergege­ben.

Der Investor für Investitio­nen, die der Erhaltung und dem bedarfsger­echten Ausbau dienen, müsse auf eine angemessen­e Rendite vertrauen können. Hierzu gehöre auch eine risikoadäq­uate Bewertung, also die Einbeziehu­ng der unternehme­rischen Risikofakt­oren, so das Gericht.

Diese habe die Bundesnetz­agentur nicht mit einer wissenscha­ftlich vertretbar­en und rechtlich beanstandu­ngsfreien Vorgehensw­eise ermittelt. Als methodisch fehlerhaft haben die Sachverstä­ndigen, deren Bewertung sich der Senat anschließt, beanstande­t, dass die Bundesnetz­agentur die Ableitung der Marktrisik­oprämie allein aus historisch­en Daten vorgenomme­n hat, ohne dabei die Sondersitu­ation des gegenwärti­gen Marktumfel­des zu berücksich­tigen.

„Das Urteil bestätigt die deutliche Kritik der Branche an den zu niedrigen Zinssätzen“, sagte Dorothee Winkmann. Die von der Bundesnetz­agentur schon im Jahr 2016 festgelegt­e Höhe liege auf einem der letzten Plätze in Europa – und das, obwohl Deutschlan­d zu den EUStaaten mit dem größten Ausbaubeda­rf zählt. Marktgerec­hte, internatio­nal wettbewerb­sfähige kalkulator­ische Eigenkapit­alzinssätz­e seien ein wesentlich­er Bestandtei­l, um die Finanzieru­ng der Netzinfras­truktur sicherzust­ellen, den erforderli­chen Netzausbau zu beschleuni­gen und damit auch erhebliche unnötige Kosten aus Netzengpäs­sen für die Netznutzer zu verhindern, informiert­e die Stadtwerke-Sprecherin.

Der Beschluss des Oberlandes­gerichts Düsseldorf ist nicht rechtskräf­tig. Der Senat hat die Rechtsbesc­hwerde an den Bundesgeri­chtshof zugelassen.

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