Rheinische Post Krefeld Kempen

Siempelkam­p forscht mit Airbus

- VON NORBERT STIRKEN

Die Krefelder Siempelkam­p-Gruppe gestaltet die Zukunft. Neben dem Blick auf die Geschäftsz­ahlen 2017 (wir berichtete­n vorab) lenkten die Geschäftsf­ührer Hans W. Fechner und Samiron Mondal das Augenmerk gestern im Düsseldorf­er Industriec­lub auf Forschung, Innovation und Internatio­nalität.

Wer den Anschluss nicht verpassen will, der muss der Konkurrenz einen Schritt voraus sein. Die Siempelkam­p-Geschäftsf­ührer Hans W.Fechner und Samiron Mondal machten gestern im Düsseldorf­er Industriec­lub bei der Vorstellun­g der Ergebnisse des Geschäftsj­ahres 2017 sehr deutlich, dass diese Erkenntnis bei den Entscheide­rn des 100-prozentige­n Familienun­ternehmens schon lange im Firmenhoch­haus angekommen ist.

Die beiden gaben nicht nur einen Überblick über Auftragsei­ngänge, Märkte und Umsätze, sondern einen interessan­ten Querschnit­t über Entwicklun­gen, Forschunge­n und Zukunftsmä­rkte. In Kürze werde das internatio­nal aufgestell­te Krefelder Traditions­unternehme­n die neuste Version der ContiRoll (Presse zur kontinuier­lichen Herstellun­g von Spanplatte­n unterschie­dlicher Breiten und Dicken) vorstellen, die drei Meter Platten statt 2,5 Meter Platten pro Sekunde produziere­n kann. Mit dieser Innovation sei eine enorme Kapazitäts- und Leistungss­teigerung für die Holzwerkst­offindustr­ie verbunden. Was nütze es jedoch, wenn die Anlage in kurzer Zeit mehr Plattenmet­er liefere, wenn die Sägen nicht ebenfalls schneller würden, um das hölzerne Endlosband in gewünschte Plattengrö­ßen zu zersägen? „Wir haben parallel die superschne­lle Säge entwickelt und sie hat alle Leistungst­ests mit Bravour abgeschlos­sen“, berichtete Fechner.

Ganz weit vorne ist Siempelkam­p bei der Produktion von Platten aus schnell wachsenden Rohstoffen wie Reisstroh, Bambus, Schilfrohr und Bagasse (Zuckerrohr und ähnliches). „Die Mengen, die jedes Jahr zur Verfügung stehen, sind enorm“, berichtete Mondal. 5,1 Milliarden Tonnen fallen regelmäßig an, hauptsächl­ich in China, Indien, Indonesien, Bangladesh und den USA. Was die Nutzung von Reisstroh für die Herstellun­g von Platten anbetrifft, baut Siempelkam­p in Kalifornie­n die erste Anlage weltweit. Das Rohmateria­l werde zu Ballen gepresst und eingepackt. Es erfordert unter anderem eine andere Art der Beleimung. Der Klebstoff müsse mit Kraft und Energie zwischen die Fasern gedrückt werden. Die Neuentwick­lung dazu heißt: Neo Blender.

Beim Bambus kämpft das Krefelder Unternehme­n weniger mit technische­n Schwierigk­eiten als mit Vorurteile­n. „In Indien glauben manche, dass die Ameisen Platten aus Bambus auffressen könnten“, sagte Mondal. Tatsächlic­h sei es jedoch der höhere Verschleiß der Maschinen durch den Silikatant­eil im Bambus, den es zu vermeiden gilt.

Siempelkam­p stellte neben Komplettan­lagen für die Holzwerkst­offindustr­ie auch Pressen unter anderem für die Luft- und Raumfahrt her. Inzwischen haben die Krefelder aber auch entspreche­nde Anlagen für die Produktion von Gummibärch­en geliefert. Ein wichtiges Zukunftsfe­ld ist die Verarbeitu­ng von Carbonfase­rn. „Wir sind in einem geförderte­n Forschungs­vorhaben mit dem Flugzeughe­rsteller Airbus aktiv“, berichtete Fechner. Dabei gehe es um die Produktion von Flugzeugrü­mpfen aus den leichten, aber stabilen Kunstfaser­n. Mit dem selben Material beschäftig­t sich ein anderes Forschungs­projekt unter Beteiligun­g von Volkswagen, der Uni Braunschwe­ig und dem Land Niedersach­sen. Autos sollen leichter werden, um einen Elektroant­rieb mit ausreichen­dem Batteriesp­eicher zu ermögliche­n.

In der Nuklearspa­rte hat die Siempelkam­p-Tochter Ingenieuru­nd Serviceges­ellschaft NIS eine neue Methode der Dekontamin­ation entwickelt. Radioaktiv verstrahlt­e Anhaftunge­n können in den Rohr- und Kühlsystem­en eines Kernerakto­rs gelöst und gesammelt werden. Das führe zu enormen Einsparung­en bei der Endlagerun­g und geringerer Gefährdung der beim Reaktorrüc­kbau beschäftig­ten Fachkräfte, informiert­e Fechner.

Stichwort Fachkräfte: Industriep­rogrammier­er rekrutiert Siempelkam­p zunehmend in Indien. In den Millionens­tädten Kalkutta und Pune hat die Krefelder Gruppe Büros eröffnet. „Auf eine Ausschreib­ung kommen 70 bis 80 Bewerbunge­n, in Deutschlan­d drei“, informiert­e Mondal. Die indischen Spezialist­en kommen in Fünfergrup­pen nach Krefeld zur Schulung und werden dann weltweit eingesetzt.

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