Rheinische Post Krefeld Kempen
Endlich ein Urteil
Es ist traurig, dass ausgerechnet dieser Fall für ein solches Urteil sorgen musste: Ein Mädchen wird 2012 von einem Zug erfasst, stirbt – und die Eltern leben seitdem in Ungewissheit, ob es vielleicht ein Selbstmord war. Aufschluss könnte die Kommunikation ihrer Tochter bei Facebook geben. Doch das Soziale Netzwerk verweigert den Zugriff. Nun gab der Bundesgerichtshof den Eltern jedoch recht.
Zum Glück! Durch die Digitalisierung ändert sich auch der Nachlass. Was früher in Kisten und Regalen verstaut wurde, Tagebücher, Briefe, Fotos, Platten oder Filme, wird heute weltweit auf Servern abgelegt.
Doch obwohl das Internet keine Erfindung der vergangenen Monate ist, es App-Stores, digitale Mediatheken und Soziale Netzwerke schon seit zehn oder mehr Jahren gibt, wurde die Frage des digitalen Nachlasses viel zu lange nicht beantwortet. Umso wichtiger ist, dass es nun Klarheit gibt. Die Konzerne sollten daher schleunigst auch bei anderen Themen wie demVererben von online gekaufter Musik ihreWiderstände aufgeben. Und wo das nicht geschieht, müssen wieder Richter oder zur Not der Gesetzgeber ran.
Brexit weichgespült
Vor zwei Jahren hat eine knappe Mehrheit der Briten dafür gestimmt, die EU zu verlassen – viele davon im Vertrauen auf die großartigen Verheißungen, die die Brexit-Befürworter mit einem Austritt verknüpften. Endlich von den Brüsseler Fesseln befreit, so versicherten sie, könne Großbritannien endlich aufbrechen zu neuen Ufern. Oder auch zu alten – manchmal klang es so, als ginge es um die Wiedererrichtung des Empire.
DasWeißbuch, das die britische Regierung nun vorgelegt hat, spiegelt dagegen die Ernüchterung wider, die seither stattgefunden hat.
Plötzlich ist der harte Brexit, den Premierministerin Theresa May noch vor Kurzem forderte, weichgespült. Nun will man sich doch weiter an viele EU-Regeln halten, um wenigstens die schlimmsten wirtschaftlichen Folgen des Brexits zu vermeiden. Es ist der bisher realistischste Vorschlag, den May auf den Tisch gelegt hat, aber er enthält immer noch viel Wunschdenken. Und die unausgesprochene Drohung: Wenn die EU nicht zustimmt, folgt mir einer nach, der alles noch viel schlimmer macht. Und damit hat sie leider recht.