Rheinische Post Krefeld Kempen
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Im Maschinenraum Vor 150 Jahren ging die Schreibmaschine in Serie, heute gibt es sie bald nur noch im Museum. Etwa bei Rudolf Doose in Kerpen. Sein Schreibmaschinen-Museum heißt Qwertzuiopü, und man erreicht es durch das Gartentor.
Jahre später fand er sie wieder. Doose überholte die von den Jahren gezeichnete Maschine von Grund auf, das weckte sein Interesse. Ende der 1970er Jahre fuhr er nach Wien und kaufte dort weitere. Fünf, sechs, sieben, sagt Doose, „vielleicht waren es auch acht“.
Zurzeit empfängt Doose viele Gäste, weil die Schreibmaschine 150-Jähriges feiert. Neulich kam zum ersten Mal ein ganzer Bus voll Besucher. Das mit den 150 Jahren ist zwar so nicht ganz richtig, weil schon Jahre vorher an Maschinen zum Schreiben getüftelt wurde. 1868 aber wurde in den USA die erste verlässlich funktionierende Maschine zum Patent angemeldet. Carlos Glidden und Christopher Latham Sholes hatten sie entwickelt, der Rüstungshersteller Remington brachte sie in Serie. Bei Rudolf Doose steht ein Exemplar.
Die „Sholes and Glidden“war schon mit jener Tastaturbelegung ausgestattet, die heute Standard ist. Oben die Zahlenreihe, darunter drei Reihen mit Buchstaben in eigenartiger Unordnung. Die Entwickler sahen von einer alphabetischen Reihenfolge ab, um die Anschläge gleichmäßig auf beide Hände zu verteilen. Dooses Museumsname, Qwertzuiopü, lässt sich deshalb zwar schwierig aussprechen, aber von leichter Hand eintippen, weil man bloß einmal die gesamte oberste Buchstabenreihe eingeben muss. Würde sein Museum allerdings nicht in Kerpen, sondern in Kansas City stehen, müsste es Qwertyuiop heißen. Auf US-amerikanischen Tastaturen sind Z undY vertauscht. Und das Ü gibt es nicht.
Eigentlich wollte Rudolf Doose sein Museum unter der Erde des Gartens verlegen, mit einer herausragenden Kuppel. Eine kleine Verbeugung vor den Architekten der Louvre-Pyramide. Aber Dooses Frau Sieglinde mahnte zurVernunft. Also entschieden die Dooses, dort wo früher ein Gartenhaus stand, wo Obst eingemacht und die Wäsche aufgehängt wurde, wo es auch mal einen Hühnerstall gab, ihr 160 Quadratmeter großes Schreibmaschinen-Museum zu errichten. Am 6. April 2006 war Eröffnung, und erst neulich wurde ein neuer Trakt freigegeben. Die Dooses erweiterten das Museum um den hinteren Teil der anliegenden Garage.
Im Qwertzuiopü gibt es eine Schreibmaschine aus 14-karätigem Gold und ein Kinder-Modell des Lebensmittelherstellers Stollwerck, unter dessen Fuß Platz für eine Tafel Schokolade ist. Es gibt eine Mignon, bei der man mit einem nadelähnlichen Stift auf ein Buchstaben-Tableau zeigen muss statt zu tippen, und es gibt dort einen Bennett Typewriter, ein schmales und besonders leichtes Modell, das in zwei Handflächen passt. „Der Laptop des frühen 20. Jahrhunderts“, sagt Doose.
Es gibt einen Protokollschreiber, den sich französische Kavalleristen um die Hüfte spannten, und mehrere Ausführungen des Modells„Erika“, die sich Millionen Mal verkauften. Dass viele Schreibmaschinen weibliche Vornamen tragen, liegt übrigens daran, dass Konstrukteure sie nach ihren Frauen, Töchtern und Enkeltöchtern benannten.
Selbst auf der Maschine geschrieben, hat Rudolf Doose nie gerne. „Man ließ schreiben“, sagt er. Dooses These ganz grundsätzlich: „Mit dem Einzug der Schreibmaschine in die Büros war eine gesellschaftspolitische Revolution verbunden.“Frauen und Mädchen habe die Schreibmaschine Zugang zur Berufswelt ermöglicht. Mit Ermächtigung und Geschlechtergerechtigkeit sollte man den Einzug der Schreibkräfte in die Büroetagen wohl aber nicht verwechseln.
Heute spielt die Schreibmaschine in Büros kaum noch eine Rolle, an- geblich wird sie noch von Geheimdiensten als besonders abhörsicher geschätzt. Rudolf Doose gab seine „Klein-Adler 2“auch einmal für einen Kriminalroman her. Ein Verlag benötigte ein Foto dieser ganz bestimmten Maschine. Doose lieferte. Dafür gab es einen kleinen Obolus für die Museumskasse.
Doose selbst schwärmt für Technik und Gestalt der Maschinen. Er kann anschaulich erklären, wie die Typenhebel nach vorne schnellen, mit bis zu 400 Stundenkilometern, und kurz vorm Blatt Papier abstoppen. Doose spricht von„feinmechanischen Kunstwerken“. Ansonsten ist die Schreibmaschine nur noch etwas für Nostalgiker. Der Schauspieler Tom Hanks ist bekennender Fan und brachte sogar eine App heraus, die verschiedene Schreibmaschinen-Sounds imitiert. Rudolf Doose überlegt, Hanks mal nach Kerpen einzuladen. Und wer weiß, am Ende kommt der wirklich.